Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 350
Für die Frage der Verzinsung des Pflichtteilsanspruchs ist grundsätzlich auf die allgemeinen Vorschriften abzustellen, wonach eine Verzinslichkeit des Pflichtteilsanspruchs eintritt, wenn der Pflichtteilsschuldner im Verzug ist (§ 286 BGB) oder die Pflichtteilsforderung rechtshängig gemacht wurde (§ 291 BGB). Verzug setzt nach § 286 BGB voraus, dass der Pflichtteilsschuldner nach Eintritt der Fälligkeit des Anspruchs auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet.
Rz. 351
Nach § 2317 Abs. 1 BGB entsteht der Pflichtteilsanspruch grundsätzlich mit Eintritt des Erbfalls und darf vom Pflichtteilsberechtigten sofort verlangt werden (§ 271 Abs. 1 BGB). Damit der Pflichtteilsschuldner in Verzug kommt, bedarf es daher seitens des Pflichtteilsberechtigten einer Mahnung nach Fälligkeit des Anspruchs. Zulässig ist hierbei wohl aber auch, dass die Mahnung mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden wird.
Rz. 352
Voraussetzung für die Mahnung ist weiter, dass die Aufforderung zur Leistung des Pflichtteilsanspruchs bestimmt und eindeutig sein muss. Nicht notwendig ist, dass die Mahnung eine Fristsetzung enthält, ebenso wenig muss eine bestimmte Folge angedroht werden. Mit dem Zugang der Mahnung tritt dann Verzug ein. Beim Pflichtteilsanspruch gilt des Weiteren die Besonderheit, dass mit Zugang der Mahnung ein Verzug auch dann eintritt, wenn der Pflichtteilsanspruch noch nicht beziffert werden kann. Das Gleiche gilt, wenn der Pflichtteilsanspruch hilfsweise neben einem Hauptanspruch als Miterbe angemahnt wird.
Rz. 353
Praxishinweis
Auch wenn der Pflichtteilsschuldner grundsätzlich durch einen nicht bezifferten Anspruch in Verzug gesetzt werden kann, bietet es sich jedoch an, die konkreten Tatsachen für die Berechnung der Höhe, sofern dies den Pflichtteilsberechtigten zu diesem Zeitpunkt schon möglich ist, vorzutragen.
Rz. 354
Allerdings ist zu beachten, dass der Pflichtteilsschuldner dann nicht in Verzug kommt, wenn er den Umstand der Verzögerung der Leistung nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). So ist z.B. eine Verzögerung durch einen Sachverständigen, die dem Pflichtteilsschuldner nicht angelastet werden kann, entsprechend zu berücksichtigen. Dies gilt allerdings nicht, wenn sich aus den eigenen Wertangaben des Erben bereits ein höherer Pflichtteilsanspruch ergibt als die eingeklagte Hauptforderung. Der Pflichtteilsschuldner gerät daher im Falle sogenannter Bewertungsschwierigkeiten auf jeden Fall in Höhe des unstreitigen Teils in Verzug. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verzug unverschuldet eingetreten ist, trägt grundsätzlich der Pflichtteilsschuldner.