Dr. iur. Nikolas Hölscher
1. Bezüglich der Jahresfrist nach § 2325 Abs. 3 BGB
Rz. 282
Hinsichtlich der Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 BGB trägt grundsätzlich der Erbe die Beweislast. Er hat den Fristbeginn, der mit der Leistung des verschenkten Gegenstands beginnt, zu beweisen. Gleiches gilt für den Fall des § 2325 Abs. 3 Hs. 2 BGB. Hier trifft den Erben die Beweislast hinsichtlich des Zeitpunkts der Auflösung der Ehe.
2. Beweislast bezüglich der Unentgeltlichkeit der Zuwendung
Rz. 283
Derjenige, der wegen einer lebzeitigen Zuwendung des Erblassers einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, muss grundsätzlich die Unentgeltlichkeit der Übertragung (also die Schenkung) und auch deren Wert darlegen und beweisen. Beweisschwierigkeiten entstehen dann, wenn eine gemischte Schenkung oder eine Schenkung unter Auflage vorliegt. Hier wird es dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich schwer fallen zu beweisen, dass die Zuwendung ohne Gegenleistung erfolgte. Die Rechtsprechung tendiert in diesen Fällen dahin, dass den Beklagten die Verpflichtung trifft, im Wege des substantiierten Bestreitens diejenigen Tatsachen vorzutragen, die für die Frage der Bewertung der Entgeltlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit maßgebend sind.
Rz. 284
Praxishinweis
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Urkunde eines Übergabevertrages nicht als Beweis nach § 416 ZPO gilt, da diese nur zwischen den Vertragsparteien selbst Wirkung entfalten kann.
3. Beweislast bezüglich Leistung und Gegenleistung
Rz. 285
Umso schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn der Beklagte sich auf die Entgeltlichkeit der Zuwendung beruft, weil er tatsächlich eine Gegenleistung gegenüber dem Erblasser erbracht hat, diese aber nicht dem Wert der Zuwendung entspricht. Hier stellt sich das Problem, inwieweit den Parteien ein Ermessensspielraum dahingehend einzuräumen ist, dass sie es selbst bestimmen können, ob die Zuwendung ein teil- oder vollentgeltliches Rechtsgeschäft ist. So wird grundsätzlich eine freie Bewertungsbefugnis der Parteien abgelehnt, wenn die getroffene Vereinbarung über die Bewertung jeder sachlichen Grundlage entbehrt. Würde man es der Willkür der Parteien überlassen, bestimmen zu können, wann eine Vollentgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts vorliegt, könnten dadurch die Vorschriften der §§ 2325 ff. BGB problemlos umgangen werden. Die Rechtsprechung räumt den Parteien daher nur einen sehr engen Spielraum ein, innerhalb dessen die subjektive Bestimmung eine an sich fehlende Gegenleistung ersetzen kann.
Rz. 286
Der Maßstab ist danach zu richten, ob sich Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen oder groben Missverhältnis gegenüberstehen. Ist dies der Fall, geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass sich die Parteien über die Unentgeltlichkeit der (objektiven) Wertdifferenz einig waren. Diese Rechtsprechung hat sich dahingehend weiterentwickelt, dass zwischenzeitlich eine solche Beweislastregelung zur Anwendung kommt, wenn der Überschuss zwischen Leistung und Gegenleistung über ein geringes Maß deutlich hinausgeht. Angaben darüber, wie hoch das "geringe Maß" sein muss, findet man in der Rechtsprechung nicht. Diese Abwägung ist je nach Einzelfall zu entscheiden. Horn weist darauf hin, dass der Wert nicht das Doppelte sein muss. Kerscher/Riedel/Lenz gehen davon aus, dass ein objektiver Mehrwert von 20 % bis 25 % die Beweislastregelung auslöst. Tritt diese ein, muss der Beschenkte den Gegenbeweis führen, dass die seitens des Erblassers getätigte Zuwendung nicht unentgeltlich war. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Beweislast für das Vorliegen eines auffälligen und groben Missverhältnisses zwischen der Zuwendung und der Gegenleistung weiterhin den Pflichtteilsberechtigten trifft.