Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 383
Ist der bereits vertraglich anerkannte bzw. rechtshängig gemachte Pflichtteilsanspruch zu pfänden, so richtet sich dies nach den Vorschriften der §§ 828 ff. ZPO über die Pfändung gewöhnlicher Geldforderungen. Der Pfändungsgläubiger hat dann das Anerkenntnis bzw. die Rechtshängigkeit des zu pfändenden Anspruchs darzulegen. Ein Nachweis ist jedoch nicht erforderlich. Hat der Erblasser für den Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist Drittschuldner trotzdem der Erbe und nicht der Testamentsvollstrecker (§ 2213 BGB).
Rz. 384
Formulierungsbeispiel: Pfändung eines anerkannten Pflichtteilsanspruchs
(…) gepfändet wird der anerkannte Anspruch des Schuldners gegen (…) (Bezeichnung des oder der Erben) auf Auszahlung des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs sowie der Auskunftsansprüche, Wertermittlungsansprüche und der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach dem am (…) in (…) verstorbenen Erblasser (…).
Der/Die Erben haben den Pflichtteilsanspruch durch Vereinbarung vom (…) anerkannt.
Der Pflichtteilsanspruch wurde durch die Zustellung der darauf gerichteten Klage am (…) rechtshängig.
Der gepfändete Anspruch wird dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen.
Rz. 385
Für den Fall, dass der Pflichtteilsanspruch noch nicht vertraglich anerkannt bzw. noch nicht rechtshängig ist, war strittig, was dies konkret für die Zwangsvollstreckung bedeutet. Teilweise wurde vertreten, dass der Vollstreckungsantrag Angaben zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO enthalten müsse, was durch die Grundsatzentscheidung für eine Pfändbarkeit des Pflichtteilsanspruchs auch vor dem Vorliegen dieser Voraussetzungen überholt war. Fraglich ist aber, ob der Antrag und Beschluss möglicherweise die aus § 852 Abs. 1 ZPO folgende Beschränkung der Verwertbarkeit des zu pfändenden bzw. gepfändeten Pflichtteilsanspruchs enthalten muss und ob vor dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO auch bereits eine Überweisung des gepfändeten Pflichtteilsanspruchs an den Gläubiger zur Einziehung erfolgen darf. Der BGH hat diese beiden Fragen in seiner Entscheidung vom 26.2.2009 wie folgt geklärt:
Rz. 386
Da sich die gesetzliche Beschränkung der Vollstreckung in Pflichtteilsansprüche unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, ist eine Bezugnahme auf die Regelung des § 852 Abs. 1 ZPO weder im Antrag noch im Beschluss erforderlich, im Hinblick auf den missverständlichen Gesetzeswortlaut aber jedenfalls im Pfändungsbeschluss sinnvoll.
Rz. 387
Hinsichtlich der Frage, ob bereits vor dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 852 ZPO ein Überweisungsbeschluss ergehen darf, hat der BGH ausgeführt, dass aus der in § 852 Abs. 1 ZPO angeordneten Beschränkung der Verwertbarkeit des Pflichtteilsanspruchs in der Zwangsvollstreckung folgt, dass ein Überweisungsbeschluss erst ergehen darf, wenn eine der in § 852 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen tatsächlich vorliegt. Pfändung und Überweisung eines Pflichtteilsanspruchs müssen also, wenn nicht bereits bei Einleitung der Zwangsvollstreckung die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO gegeben sind, getrennt erfolgen.
Rz. 388
Formulierungsbeispiel: Pfändung eines noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs
An (…)
gepfändet wird der angebliche Anspruch des Schuldners gegen (…) (Bezeichnung des oder der Erben) auf Auszahlung des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs sowie der Auskunftsansprüche, Wertermittlungsansprüche und der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach dem am (…) in (…) verstorbenen Erblasser (…).
Der Anspruch ist bislang weder vertraglich anerkannt noch rechtshängig gemacht worden. Es wird insoweit der aufschiebend bedingte Anspruch gepfändet. Die Pfändung ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 1993, 2876) möglich.
Rz. 389
Entsprechend § 836 Abs. 3 ZPO kann der Gläubiger nach der (ohne Rücksicht auf § 852 Abs. 1 ZPO erfolgten) Pfändung des Pflichtteilsanspruchs vom Schuldner Auskunft darüber verlangen, ob die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen, bevor die Überweisung des Pflichtteilsanspruchs zur Einziehung beantragt werden kann.