Dr. iur. Nikolas Hölscher
1. Allgemeines
Rz. 177
Der Titel auf Auskunftserteilung wird als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt. Eine unvertretbare Handlung liegt vor, wenn diese durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann. Die Auskunftserteilung über den Nachlassbestand und die damit verbundene Erstellung des Nachlassverzeichnisses ist grundsätzlich eine unvertretbare Handlung, die ein Dritter nicht bzw. nicht so wie der Schuldner selbst vornehmen kann. Wurde der Erbe zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verurteilt, handelt es sich auch insoweit um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 ZPO vollstreckt wird. Die Auskunftserteilung setzt nämlich die Mitteilung der Kenntnisse des Erben voraus. Enthält ein Urteil zur Auskunftserteilung keine näheren Angaben über Umfang, Art und Weise der Auskunftserteilung, muss der Kläger die entsprechenden Angaben im Verfahren der Zwangsvollstreckung nachholen. Der Zulässigkeit von Zwangsmitteln steht nicht entgegen, dass der beauftragte Notar das von ihm zu fertigende Nachlassverzeichnis möglicherweise nicht bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Festsetzung von Zwangsmitteln hätte erstellen können. Einwände, nach denen die Verzögerung nur dem Notar und nicht dem Erben selbst zuzurechnen sind, reichen nicht aus, um eine Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung von Zwangsmitteln zu rechtfertigen. Wird ein Notar bei der Erstellung eines notariellen Verzeichnisses nicht tätig, muss der Erbe gegen den Notar eine Untätigkeitsbeschwerde nach § 15 BNotO erheben.
2. Verfahren
Rz. 178
Nach § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO ist das Prozessgericht der ersten Instanz für das Verfahren zuständig, und zwar gem. § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG der Richter und nicht der Rechtspfleger. Mit dem Antrag ist die vollstreckbare Ausfertigung nebst Zustellungsnachweis vorzulegen. Die Vollstreckung selbst erfolgt durch die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft, wobei die Auswahl des Zwangsmittels ausschließlich dem Gericht obliegt. Ist ein zuvor angeordnetes Zwangsmittel bereits vollstreckt, kann das Gericht ein Zwangsmittel wiederholt und in beliebiger Reihenfolge anordnen. Das Prozessgericht hat nach § 891 ZPO vor seinem Beschluss den Schuldner anzuhören. Der Beschluss selbst muss die vom Schuldner vorzunehmende Handlung und das vom Gericht bestimmte Zwangsmittel enthalten. Ferner ist er als Vollstreckungstitel dem Schuldner bzw. seinem Prozessbevollmächtigten zuzustellen (§ 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Auf Antrag erhält der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung.
3. Festsetzung des Zwangsmittels
Rz. 179
Die Festsetzung des Zwangsmittels obliegt grundsätzlich dem Gericht. Als Zwangsmittel kommt ein Zwangsgeld oder Zwangshaft in Betracht, wobei Letzteres nur dann sofort angeordnet werden darf, wenn feststeht, dass eine Zwangsgeldandrohung wirkungslos bleiben würde. Ein Zwangsgeld darf zwischen einem Betrag von 5.000 bis 25.000 EUR festgesetzt werden; die Zwangshaft darf sechs Monate nicht übersteigen (§ 913 ZPO). Die Beitreibung des Zwangsgelds erfolgt durch den Gerichtsvollzieher oder durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch das Vollstreckungsgericht jeweils zugunsten der Staatskasse. Da das Zwangsgeld ausschließlich der Staatskasse zugutekommt, empfiehlt es sich, hierauf sowohl im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als auch im Auftrag an den Gerichtsvollzieher hinzuweisen.
4. Vollstreckung beim unbestimmten Auskunftstitel
Rz. 180
Enthält der Auskunftstitel keine näheren Angaben über die Art und Weise der Auskunftserteilung, muss dies im Antrag auf Vollstreckung nachgeholt werden. Auch in diesem Fall ist dem Vollstreckungsschuldner rechtliches Gehör zu gewähren. Ihm ist eine Frist zur Erbringung der geforderten Informationen unter Androhung eines Zwangsmittels nach § 888 ZPO zu setzen. Das Zwangsmittel selbst kann dann wiederum erst nach Ablauf der Frist verhängt werden.
5. Rechtsbehelf gegen den Beschluss und Einwendungen des Schuldners
Rz. 181
Als Rechtsbehelf gegen den Beschluss steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO zu. Die sofortige Beschwerde hat nach inzwischen herrschender Meinung aufschiebende Wirkung. Die Beschwerde ist auch für den Einwand rechtzeitiger Erfüllung maßgeblich, da in jedem Verfahrensabschnitt die Notwendigkeit der Zwangsvollstreckungsmaßnahme zu überprüfen ist. Den Einwand der rechtzeitigen Erfüllung kann der Vollstreckungsschuldner aber auch durch eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend machen. ...