Dr. iur. Nikolas Hölscher
I. Klageantrag
Rz. 287
Anders als die Klage auf Pflichtteilsergänzung gegenüber dem Erben (§ 2325 BGB) richtet sich die Pflichtteilsergänzungsklage gegen den Beschenkten auf Herausgabe des geschenkten Gegenstands zum Zwecke der Duldung der Zwangsvollstreckung in Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Ein Zahlungsanspruch ist lediglich dann zu stellen, wenn es sich um eine Geldzuwendung handelt oder ein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB vorliegt. Der Zahlungsanspruch kann als Hilfsanspruch bereits mit dem Antrag auf Herausgabe des Gegenstands zur Duldung der Zwangsvollstreckung gestellt werden für den Fall, dass der verschenkte Gegenstand nicht mehr vorhanden ist.
Rz. 288
Nach § 2329 Abs. 2 BGB steht dem Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs die Möglichkeit zu, die Herausgabe des geschenkten Gegenstands durch Zahlung des Pflichtteilsbetrages abzuwenden. Diese Abwendungsbefugnis des § 2329 Abs. 2 BGB sollte bereits in der Antragstellung berücksichtigt werden.
II. Haftung des zuletzt Beschenkten
Rz. 289
Nach § 2329 BGB haftet für den Pflichtteilsergänzungsanspruch grundsätzlich der zuletzt Beschenkte. Hat der Erblasser mehrere Personen beschenkt, so muss der Ergänzungsberechtigte zunächst gegen den zuletzt Beschenkten vorgehen. Aus prozessualer Sicht stellt sich dann das Problem der Verjährung des Anspruchs gegen die vorrangig Beschenkten, insbesondere dann, wenn sich erst im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass der zuletzt Beschenkte nicht haftet. Die h.M. bejaht daher das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem früher Beschenkten.
Rz. 290
Die Leistungsklage gegen den zuletzt Beschenkten kann danach mit einer Feststellungsklage gegen den oder die früheren Beschenkten verbunden werden. Nach Ansicht des BGH bestehen gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage keine Bedenken, da das für die Klage nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse schon dadurch gegeben ist, dass die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs droht. Der BGH führt hierzu aus, dass ein Feststellungsinteresse auch nicht mit dem Argument verneint werden kann, dass der Kläger gegenüber den früheren Beschenkten ebenfalls eine Leistungsklage erheben könnte. Bei einer solchen Leistungsklage gegen den früheren Beschenkten wäre der Kläger verpflichtet, die Höhe des Anspruchs darzulegen, wegen der die Zwangsvollstreckung in den verschenkten Gegenstand zu dulden ist. Eine solche Bezifferung des Anspruchs wird dem Kläger jedoch in den wenigsten Fällen möglich sein. Die Höhe des Anspruchs eines späteren Beschenkten ergibt sich grundsätzlich aus der Differenz des gesamten Pflichtteilsergänzungsanspruchs und der gegen die späteren Beschenkten gerichteten Ansprüche. Im Prozess gegen den zuletzt Beschenkten kann dem Pflichtteilsberechtigten der Ergänzungsanspruch nur teilweise zugesprochen werden. Für den restlichen Pflichtteilsergänzungsanspruch wären dann die zuvor Beschenkten in Anspruch zu nehmen. Es ist daher prozessual zweckmäßig, wenn der Pflichtteilskläger zunächst davon absieht, den Anspruch gegenüber den früheren Beschenkten zu beziffern, und lediglich einen Feststellungsantrag stellt.
III. Beweislast hinsichtlich der Verpflichtung des beschenkten Dritten
Rz. 291
Der beschenkte Dritte haftet für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nur dann, wenn der Erbe i.S.v. § 2329 BGB "nicht verpflichtet" ist (siehe Rdn 71 ff.). Der Pflichtteilsberechtigte hat daher zu beweisen, dass die subsidiäre Haftung des Beschenkten eingreift und dass den Erben keine Zahlungsverpflichtung trifft. Der beschenkte Dritte, der für den Pflichtteilsergänzungsanspruch i.d.R. nur ungern haftet, wird daher grundsätzlich bestreiten, dass der Nachlass für die Pflichtteilsergänzung nicht ausreichend ist oder überhaupt eine Überschuldung des Nachlasses vorliegt. Kann er dies substantiiert darlegen, steht der Pflichtteilsberechtigte vor dem Problem, dass er nachweisen muss, dass kein hinreichender bzw. ein negativer Nachlass vorhanden ist. In diesem Fall sollte im Vorfeld überprüft werden, ob nicht die Voraussetzungen einer Nachlassverwaltung bzw. Insolvenz gegeben sind, und überlegt werden, ob eine solche vorab zu beantragen ist.
IV. Zeitpunkt für die Feststellung der Haftung
Rz. 292
Für die Frage der Feststellung, ob der später Beschenkte nicht verpflichtet ist, ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Anspruchs bzw. im Falle einer verschärften Haftung nach § 819 BGB auf den früheren Zeitpunkt abzustellen.
Rz. 293
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Muster 13.11: Klage auf Pflichtteilsergänzung gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB
An das Landgericht _________________________
Klage
des _________________________, wohnhaft in _________________________
– Kläger –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________
gegen
_________________________, wohnhaft in ___...