I. Rechtsnatur

 

Rz. 1

Die Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB ist als Maßregel der Besserung und Sicherung zu verstehen. Dies ergibt sich expressis verbis aus § 61 StGB. Die Überschrift dieser Bestimmung lautet: "Maßregeln der Besserung und Sicherung" und führt unter § 61 Ziff. 5 StGB ausdrücklich "die Entziehung der Fahrerlaubnis" auf. Im Übrigen ergibt sich dies auch ausdrücklich aus der amtlichen Begründung zu Art. 2 Nr. 1, 2 des VerkSichG vom 19.12.1952. Diese lautet: "Die Entziehung der Fahrerlaubnis in der Hand des Strafrichters ist nicht eine Nebenstrafe, sondern eine Maßregel der Sicherung und Besserung".[1]

[1] Vgl. Hentschel/König/Dauer, § 69 StGB, Rn 1.

II. Zweck der Maßregel

 

Rz. 2

Der Zweck der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis ergibt sich aus § 69 StGB. Es geht darum, dass der Kraftfahrer, welcher durch eine rechtswidrige Tat mangelnde Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges bewiesen hat, vom Straßenverkehr auszuschließen ist.[2] Der Zweck der Maßregel liegt also in der Verhinderung weiterer Gesetzesverletzungen durch den Täter mit dem Ziel, die Allgemeinheit im Straßenverkehr vor Gefährdungen zu schützen und darüber hinaus den Täter zu bessern.

 

Rz. 3

Der Große Senat für Strafsachen des BGH[3] hat in seiner Entscheidung zur Fahrerlaubnisentziehung bei Straftaten der allgemeinen Kriminalität im Jahr 2005 klargestellt, dass § 69 StGB ausschließlich den Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs bezweckt. Der anderslautenden Rechtsauffassung des 1. Strafsenats des BGH, § 69 StGB müsse bereits dann zur Anwendung kommen können, wenn Straftaten der allgemeinen Kriminalität begangen würden und dadurch, auch ohne Bezug zur Verkehrssicherheit, generelle Zweifel an der charakterlichen Zuverlässigkeit von Straftätern gerechtfertigt seien, erteilte der Große Senat für Strafsachen zu Recht eine Absage.[4]

[2] Fischer, § 69 Rn 2.
[3] Beschluss v. 27.4.2005 – GSSt 2/04 = BGHSt. 50, 93 = NJW 2005, 1957 = SVR 2005, 272 = DAR 2005, 452.
[4] Vgl. Pießkalla/Leitgeb, NZV 2006, 185.

III. Die Regelentziehung gem. § 69 Abs. 2 StGB

 

Rz. 4

In § 69 Abs. 2 StGB sind Regelbeispiele aufgeführt. Sie enthalten eine Regelvermutung und gelten auch im Rahmen des § 7 JGG.[5] Nach dem Inhalt der Tatbestände des § 69 Abs. 2 StGB ist der Täter in diesen Fällen in der Regel als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet anzusehen.

 

Rz. 5

Die Tatbestände des § 69 Abs. 2 enthalten eine Regelvermutung dahin, dass bei der Begehung einer der in § 69 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 StGB genannten Taten Umstände in der Person des Täters wirksam geworden sind, welche die Schlussfolgerung auf seine Ungeeignetheit zum Führen eines Kfz zulassen.[6] In der Praxis bedeutet das, dass der Aufwand des Strafrichters, die Fahrerlaubnisentziehung zu begründen, deutlich absinkt, wohingegen (insbesondere bei Trunkenheitsdelikten) eine ausführliche Begründung eines Absehens von der Fahrerlaubnisentziehung angezeigt ist. Als mögliche Ausnahmen kommt eine lange Verfahrensdauer in Kombination mit einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht, während deren Wirksamkeit der Betroffene an einer Therapie teilnimmt.[7]

[5] Fischer, § 69 Rn 21; Molketin, Blutalkohol 25 (1988), 313.
[6] Fischer, § 69 Rn 21.
[7] Vgl. LG Düsseldorf DAR 2008, 597.

IV. Die Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (§ 69a StGB)

 

Rz. 6

Wird die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB entzogen, so ist nach § 69a Abs. 1 StGB die Bestimmung einer Sperrfrist für die Neuerteilung einer solchen zwingend. Deren Dauer beträgt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

 

Rz. 7

Das Gericht kann von dieser Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen gem. § 69a Abs. 2 StGB ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.[8]

 

Rz. 8

Wird die Fahrerlaubnis statt der beantragten Verhängung eines Fahrverbotes (§ 44 StGB) entzogen, so hat das Gericht hierzu zuvor einen rechtlichen Hinweis gem. § 265 Abs. 1, 2 StPO zu geben.[9]

[8] NK-GVR/Blum, § 69a StGB Rn 24; zu den rechtlichen Wechselwirkungen zwischen § 69a Abs. 2 StGB und § 9 FeV vgl. Dencker, DAR 2004, 54.
[9] BayObLG NZV 2004, 425 = DAR 2004, 400.

V. Führerscheinmaßnahmen und internationaler Kraftfahrzeugverkehr

 

Rz. 9

Eine Sonderregelung ist zu beachten für Inhaber einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis bei Begehung einer Tat im Inland, ohne dass ihnen von einer deutschen Behörde i.S.v. § 69b StGB eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist.

 

Rz. 10

In Betracht kommt auch bei ausländischen Fahrerlaubnissen deren vorläufige Entziehung gem. § 111a StPO. In diesem Fall erlischt die Berechtigung zur Teilnahme am inländischen Kraftfahrzeugverkehr, soweit dieser fahrerlaubnispflichtig ist, gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 bzw. § 29 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 FeV. Ebenso führt die Sicherstellung des ausländischen Führerscheins gleichermaßen wie ein rechtskräftig verhängtes Fahrverbot gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 bzw. § 29 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 FeV zum Fortfall der Berechtigung zum Führen eines Fahrzeuges im Inland.

 

Rz. 11

Zur Thematik der im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis, speziell zum sog. "Führerscheintourismus", wird verwiesen auf die Ausführungen in § 4.

VI. Verfahrensfragen

 

Rz. 12

Maßnahmen gem. § 69 StGB können in folgenden Verfahren verhängt werden:

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