I. Die Erstellung des Gutachtens

 

Rz. 96

Gutachten zur möglichen Abkürzung der Sperrfrist werden – um nur einige zu erwähnen – erstellt durch verschiedene TÜVs, pima-mpu GmbH, DEKRA, AVUS-GmbH, IAS, IVT-Hö, BAD oder IBBK. Für die bei der BASt akkreditierten und von der BASt auch fortlaufend kontrollierten Träger von Kursen nach § 70 FeV ist für deren nur im Verwaltungsrecht einsetzbaren Wiedereignungskurse gem. § 70 FeV festgelegt, dass schon die bloße Vorlage der Kursbescheinigung bei der Behörde zur Wiedererteilung führt, und zwar ohne erneute MPU nach Ende des Kurses.[121]

[121] Vgl. hierzu ausführlich Himmelreich/Karbach, Wegfall oder Verkürzung von Fahrerlaubnisentzug und Fahrverbot bei Nachschulung und Therapie im Strafrecht, SVR 2009, 1 mit ausführlichen Angaben zu Rspr. und Lit.

II. Die vorzeitige Aufhebung der Sperre gem. § 69a Abs. 7 S. 2 StGB

 

Rz. 97

Eine vorzeitige Aufhebung der Sperre ist gemäß § 69a Abs. 7 S. 2 StGB möglich. Hier sind formelle und sachliche Voraussetzungen zu beachten. Eine formelle Voraussetzung besteht darin, dass eine vorzeitige Aufhebung der Sperre nur in Betracht kommt, wenn die Sperre mindestens 3 Monate, im Falle von § 69a Abs. 3 StGB 1 Jahr gedauert hat. Diese Frist verkürzt sich unter den Voraussetzungen des Abs. 5 S. 2, Abs. 6 StGB um die entsprechende Zeit. Auch kann die Entscheidung nach § 69a Abs. 7 S. 2 StGB schon während der Dauer der Mindestsperrfrist für die Zeit nach deren Ablauf ergehen, wenn bereits feststeht, dass der Verurteilte nicht mehr ungeeignet ist.

 

Rz. 98

Sachliche Voraussetzung ist, dass Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter im Zeitpunkt der Entscheidung über die Abkürzung der Sperrfrist nicht mehr ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen ist. In Betracht kommt eine Würdigung des Verhaltens des Täters in der Zwischenzeit, insbesondere aber die Teilnahme des Verurteilten an einer Nachschulung. Durch die Nachschulung soll bewirkt werden, dass eine risikobewusste Einstellung im Straßenverkehr entwickelt wird.[122] Ist die Nachschulung vor der Berufungshauptverhandlung beendet, kommt dann in der zweiten Instanz ein Absehen von einer Maßregel nach § 69 Abs. 1 StGB aufgrund wiederhergestellter Fahreignung in Betracht.[123]

 

Rz. 99

Nach Entscheidung über die vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist kann die Verwaltungsbehörde die neue Fahrerlaubnis erteilen. In der Praxis ist es auch möglich, dass im Hinblick auf die Mindestsperrfrist in dem Beschluss so tenoriert wird, dass die Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis verkürzt wird mit der Maßgabe, dass sie endet zu einem bestimmt anzugebenden Zeitpunkt, der die Mindestsperrfrist berücksichtigt.

 

Rz. 100

Zuständig für die Entscheidung über einen Antrag nach § 69a Abs. 7 StGB ist das Gericht des ersten Rechtszuges.

 

Rz. 101

Der Antrag kann auch schon vor Ablauf der Mindestsperrfrist bei Gericht gestellt werden, ohne dass dies ohne weiteres zur Ablehnung führen müsste.[124]

Auch kann das Gericht zur Vorbereitung seiner Entscheidung neue Ermittlungen anstellen, z.B. das Gutachten einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle anfordern.[125]

 

Rz. 102

Die mögliche Abkürzung der Sperrfrist hat in der Praxis eine immer größere Bedeutung.[126] Eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69a StGB ist nur dann möglich, wenn aufgrund neuer Tatsachen die Ungeeignetheit des Verurteilten wegfällt, nicht aber aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung bereits vorliegende Tatsachen abweichend zu würdigen sind.[127] Auch kommt die vorzeitige Aufhebung der Sperre nach einer erfolgreichen Verkehrstherapie in Betracht.[128] Ferner ist die Verkürzung der Sperrfrist gemäß § 69a Abs. 7 StGB bei Wiederholungstätern und noch nicht vollständig abgeschlossener Nachschulung möglich.[129] Besonders ist in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Abkürzung der Sperrfrist nach dem Modell Mainz 77 hervorzuheben.[130]

 

Rz. 103

Eine Aufhebung der Sperrfrist gem. § 69a Abs. 7 StGB kann auch schon aufgrund einer Teilnahme an der Verkehrstherapie "IVT-Hö" vorzeitig erfolgen.[131] Jedoch kann grundsätzlich gem. § 69a Abs. 7 StGB eine Verkürzung der Sperrfrist nicht erfolgen für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum.[132] In der Praxis werden Entscheidungen über die Abkürzung der Sperrfrist jedoch so tenoriert, dass die Sperrfrist zu einem bestimmten Zeitpunkt entfällt (in der Regel orientiert an der Mindestdauer der Sperre).

 

Rz. 104

Auch ist daran zu denken, dass die vorzeitige Aufhebung auf bestimmte Kraftfahrzeuge bezogen wird. Ausgangspunkt hierfür ist die Regelung des § 69a Abs. 2 StGB. Nach dieser Bestimmung kann das Gericht für verschiedene Arten von Kraftfahrzeugen unterschiedliche Maßnahmen anordnen. Demgemäß gilt dies auch für die vorzeitige Aufhebung der Sperre.

 

Rz. 105

Daran zu denken ist, dass für den Antrag und das Verfahren über die vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung in Betracht kommt unter den gleichen Voraussetzungen, in denen Eintrittspflicht für das vorangegangene Strafverfahren zu gewähren war, vorausgesetzt dass der Zeitpunkt für die Einleitung dieses Verfahrens in den Z...

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