1. Möglichkeit der Ausnahme von der Sperre

 

Rz. 78

§ 69a Abs. 2 StGB regelt ausdrücklich, dass das Gericht von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen kann, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird. Diese Gesetzesbestimmung ermöglicht also die Beschränkung der Sperre auf bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung mit entsprechend hohen Anforderungen.[108]

[108] NK-GVR/Blum, § 69 StGB Rn 26.

2. Beispiele für Ausnahme vom Entzug der Fahrerlaubnis

 

Rz. 79

Nachfolgend werden Entscheidungen aufgeführt, die zu bestimmten Kraftfahrzeugarten die Möglichkeit einer Ausnahme bejaht haben:

Lkw der früheren Klasse 3 bis 7,5 t: OLG Karlsruhe VRS 63, 200; LG Hannover VRS 65, 340; AG Kiel DAR 1981, 395; LG Nürnberg DAR 1982, 26; LG Essen zfs 1982, 61 mit weiteren Nachweisen; LG Memmingen DAR 1982, 373; AG Karlsruhe BA 1983, 167; AG Monschau DAR 1990, 310.[109]
Feuerlöschfahrzeuge der früheren Klasse 3: BayObLG NZV 1991, 397.
Rettungswagen der Feuerwehr bis zu 7,5 t: LG Hamburg DAR 1992, 191.
Straßenwachtfahrzeuge des ADAC: LG Hamburg NZV 1992, 422.
Landwirtschaftliche Zugmaschinen und Lkw der früheren Klasse 2: OLG Köln VM 1985, 28; AG Viersen DAR 1983, 367; LG Kempten DAR 1983, 367; LG Zweibrücken zfs 1995, 194; AG Dortmund DAR 1987, 30; AG Wittmund DAR 1987, 392; AG Monschau zfs 1990, 33; AG Emden NZV 1991, 365.
Landwirtschaftliche Fahrzeuge der Klassen L und T: AG Alsfeld zfs 2010, 168; AG Lüdinghausen NStZ 2004, 318.
Radlader: LG Kempten DAR 1984, 127.
Bestimmt bezeichnete Baustellenfahrzeuge auf abgegrenztem Baustellengelände: AG Mölln zfs 1995, 314.
Spezialfahrzeuge zur Kanalreinigung: AG Düren zfs 1984, 160 (Leitsatz).
Omnibusse: OLG Hamm VRS 62, 124.[110]
Fahrzeuge über 7,5 t der früheren Klasse 2: OLG Celle DAR 1985, 90.
Panzerfahrzeuge der Bundeswehr: LG Detmold DAR 1990, 34
Fahrzeuge der früheren Klasse 4: LG Köln DAR 1990, 112.
Kraftfahrzeuge der früheren Klasse 2 (ausnahmsweise von der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung): LG Osnabrück zfs 1998, 273.[111]
[109] Nach geltendem Recht ist eine solche Ausnahme allerdings nicht mehr möglich, vgl. NK-GVR/Blum, § 69 StGB Rn 26.
[110] Nach geltendem Recht ist eine solche Ausnahme allerdings nicht mehr möglich, vgl. NK-GVR/Blum, § 69 StGB Rn 26.
[111] Vgl. hierzu Übersicht bei Fischer, § 69a Rn 30, 31.

3. Antrag auf Ausnahme

 

Rz. 80

Kommt eine Ausnahme von der Sperre für bestimmte Fahrzeuge in Betracht und wird ein solcher Antrag gestellt, so sind die Voraussetzungen für die Ausnahme nach § 69a Abs. 2 StGB im Einzelnen darzulegen. Hierbei sind die objektiven und subjektiven Umstände im Einzelnen darzulegen und evtl. glaubhaft zu machen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern zu schützen und den Täter wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet zu machen, durch die Ausnahme nicht gefährdet wird. Festzustellen ist deshalb eine sog. "Gefahrenabschirmung", welche den Ausnahmetatbestand zu begründen vermag.[112]

 

Rz. 81

In der Durchführung und Vollstreckung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist bei der Festsetzung von Ausnahmen vom Entzug der Fahrerlaubnis so zu verfahren, dass durch die Verwaltungsbehörde für den Teil der Fahrerlaubnis, für den eine Entziehungsentscheidung nicht erfolgt ist, eine neue Fahrerlaubnis erteilt werden kann, vorausgesetzt, dass auch unter verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Ungeeignetheit besteht.

 

Rz. 82

Der Antrag auf Ausnahme vom Entzug der Fahrerlaubnis kann schon mit der Einlassung verbunden werden oder in der Hauptverhandlung gestellt werden. Er sollte aber in jedem Fall ausführlich begründet werden, so dass orientiert an der hierzu entwickelten Rechtsprechung die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Entzug der Fahrerlaubnis gegeben sind.

 

Rz. 83

 

Formulierungsvorschlag

Es wird beantragt,

für den Fall des Entzuges der Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 2 StGB von der Sperre folgende Ausnahme festzusetzen….

Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt:

Die Voraussetzungen für die Ausnahme gemäß § 69a Abs. 2 StGB sind gegeben, und zwar sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht.

Es ist anzunehmen, dass der Zweck der Maßregel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern zu schützen und den Täter wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet zu machen, durch die Ausnahme nicht gefährdet wird.[113]

[112] Instruktiv AG Lüdinghausen NZV 2010, 164.
[113] Zu den Voraussetzungen im Einzelnen und im Übrigen vgl. ausführlich Fischer, § 69a Rn 32 ff.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge