1. Das private Nachlassverzeichnis
Rz. 193
Das private Nachlassverzeichnis ist schriftlich abzufassen. In der Praxis hat sich die Abfassung in der Form einer Bilanz bewährt. Es muss alle tatsächlich vorhandenen und fiktiven Nachlassgegenstände und Schulden ausweisen. Bei Schenkungen ist das jeweilige Datum der Schenkung anzugeben. Die Gegenstände müssen einzeln verzeichnet sein, die Darstellung muss insgesamt übersichtlich sein. Aktiva und Passiva sind getrennt voneinander auszuweisen. Die Angaben zum Nachlassbestand sind von den rechtlichen Angaben zu trennen. Zum Inhalt siehe im Einzelnen Rdn 204.
Rz. 194
Es kommt in der Praxis häufig vor, dass Angaben zum Nachlass Stück für Stück erfolgen, was häufig damit zu tun hat, dass der Erbe nicht in der Lage ist, die Auskünfte gewissermaßen in einem Schwung zu erteilen, da er selbst die Erkenntnisse erst nach und nach erlangt. Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn der Erbe mehrere Teilverzeichnisse vorlegt, wenn er nur dadurch alle geschuldeten Informationen in geeigneter Form erteilt. Vor diesem Hintergrund kann auch eine Erfüllung des Anspruchs durch entsprechende Ergänzung eines bereits bestehenden Verzeichnisses erfolgen.
Rz. 195
Eine Verpflichtung, zusätzlich Belege über den Nachlassbestand vorzulegen, besteht zunächst grundsätzlich nicht. Die Rechtsprechung hat nur bei unübersichtlichen Nachlässen im Einzelfall eine Belegvorlage als verpflichtend angenommen. Das wird in der Literatur zum Teil kritisch gesehen.
Rz. 196
Fraglich ist, ob ein privates Nachlassverzeichnis vom Auskunftspflichtigen unterzeichnet sein muss oder ob es durch einen Anwaltsschriftsatz vorgelegt werden kann. Man kann sich hier der absolut herrschenden Auffassung anschließen, dass die vom Erben nach § 2314 BGB geschuldete Auskunft nicht von diesem eigenhändig unterschrieben werden muss, denn das Gesetz schreibt insoweit keine bestimmte Form vor. Die von den Gerichten zum Teil vertretene gegenteilige Rechtsauffassung kann nicht sachlich begründet werden. Die geforderte Auskunft kann nicht als höchstpersönliche Verpflichtung eingestuft werden. Es spricht kein rechtlich überzeugendes Argument dagegen, dass der Anwalt hier als Bote des Erklärenden eingesetzt werden könnte.
2. Das amtliche Nachlassverzeichnis
Rz. 197
Das amtliche bzw. notarielle Nachlassverzeichnis ist eine Beurkundungshandlung, wofür also der Notar zuständig ist (§ 20 Abs. 1 BNotO). Es reicht nicht aus, wenn der Erbe ein privatschriftlich erstelltes Nachlassverzeichnis mit einer notariell beglaubigten Unterschrift versieht.
Nach § 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BeurkG hat der Notar das von ihm aufzunehmende Vermögensverzeichnis als Bericht über seine eigenen Wahrnehmungen anzufertigen. Fehlerhaft wäre es also, wenn der Notar nur Erklärungen des Erben beurkunden würde. Das Verzeichnis sollte auch nur vom Notar unterzeichnet sein.
Rz. 198
Insgesamt muss sich aus dem Verzeichnis ergeben, dass der Notar für den Inhalt verantwortlich ist. Der Notar muss, da er selbst verantwortlich ist, sorgfältig ermitteln und notfalls eigene Ermittlungen tätigen. Wie weit die Ermittlungen gehen, hängt vom Einzelfall ab. Naheliegende Nachforschungen, die ein objektiver Dritter in dieser Lage durchführen würde, muss auch der Notar vollziehen. Er unterliegt hier der vollen gerichtlichen Überprüfung, ob er alle notwendigen und erforderlichen Ermittlungen und Feststellungen tatsächlich getroffen hat.
Ermittlungen des Notars gehen natürlich über die Befragung der Beteiligten hinaus; so muss er die entsprechenden Register einsehen, Auskünfte bei den Banken, mit denen der Erblasser in Geschäftsbeziehung stand, einholen. Zu letzterem Punkt ist allerdings zu bemerken, dass der Notar hier keine sog. Rasterfahndung betreiben muss. Letztlich entscheidet der Notar unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände nach eigenem Ermessen, welche konkreten Ermittlungen er vornimmt.
Rz. 199
Der Auskunftsverpflichtete hat gem. § 2003 Abs. 2 BGB die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und den Notar zu unterstützen. Er muss den Notar über den Nachlassbestand, Schenkungen, Zuwendungen des Erblassers vollständig und wahrheitsgemäß informieren. Hier ist grundsätzlich die persönliche Anhörung des Auskunftsverpflichteten erforderlich; ein Vertreter verfügt in der Regel nicht über das nötige Wissen.
Wirkt der Auskunftsverpflichtete nicht mit, könnte der Notar zwar grundsätzlich die Aufnahme des Verzeichnisses ablehnen. Das kann er aber nur, wenn eine komplette Verweigerung der Auskunft vorliegt. Wenn z.B. mitgeteilt wird, die Erbin habe keinerlei Nachlassgegenstände in ihrem Haushalt, ist der Notar gleichwohl in der Lage, unter Zugrund...