1. Allgemeines
Rz. 221
Der Auskunftsanspruch ist vom Anspruch auf Wertermittlung nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB zu unterscheiden. Der Wertermittlungsanspruch setzt voraus, dass zunächst die Zugehörigkeit eines Gegenstands zum realen oder fiktiven Nachlass nachgewiesen ist. Während es bei der Auskunft um die Weitergabe von Wissen geht, das der Auskunftspflichtige hat oder sich verschaffen muss, ist die Wertermittlung nicht auf eine solche Äußerung des Verpflichteten über den Wert gerichtet, sondern davon unabhängig. Der Wertermittlungsanspruch greift aber erst, wenn tatsächlich die Zugehörigkeit der fraglichen Gegenstände zum realen oder fiktiven Nachlass nachgewiesen ist.
Rz. 222
Es reicht zwar grundsätzlich aus, dass ein Gegenstand zum fiktiven Nachlass gehört, um einen solchen Wertermittlungsanspruch auch diesbezüglich zu begründen. Nur auf den begründeten Verdacht hin, der Erblasser habe einen bestimmten Gegenstand innerhalb der Frist des § 2325 BGB verschenkt, kann jedoch dem Pflichtteilsberechtigten außer dem Auskunftsanspruch gegen den Erben und den Beschenkten nicht auch noch ein Wertermittlungsanspruch zugebilligt werden. Ist aber bewiesen, dass es sich um eine ergänzungspflichtige Schenkung handelt, muss der Erbe deren Wert auf Verlangen ermitteln lassen. Zum Pflichtteilsergänzungsanspruch siehe im Einzelnen Rdn 226 ff.
Rz. 223
Ist streitig, ob ein bestimmter Gegenstand zum tatsächlichen Nachlass gehört oder ob er nicht vom Erblasser stammt, dann muss der Pflichtteilsberechtigte, der seinen Pflichtteil fordert und den betreffenden Gegenstand bei der Berechnung seines Pflichtteils dem Nachlass hinzurechnet, nach allgemeinen Grundsätzen die Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich die Zugehörigkeit zum Nachlass ergibt. Daher kann er auch Wertermittlung nur dann verlangen, wenn er die Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstands zum Nachlass darlegt und beweist. Diese Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auch auf Gegenstände, die zum fiktiven Nachlass gehören sollen.
2. Wer trägt die Kosten der Wertermittlung?
a) Grundsatz
Rz. 224
§ 2314 Abs. 2 BGB schreibt vor, dass die Kosten der Wertermittlung dem Nachlass zur Last fallen. Damit korrespondiert § 2314 Abs. 1 BGB, wonach ein Pflichtteilsberechtigter auch verlangen kann, dass der Wert von Nachlassgegenständen ermittelt wird.
Die gesetzliche Regelung betrifft lediglich Wertgutachten, die vom Erben eingeholt werden. Was aber ist mit den Kosten eines Gutachtens, das vom Pflichtteilsberechtigten selbst eingeholt worden ist? – Die Beauftragung eines Sachverständigen ist ausschließliche Sache des Erben. Der Pflichtteilsberechtigte darf ein Gutachten selbst dann nicht in Auftrag geben, wenn der Erbe mit dieser Verpflichtung in Verzug ist. § 2314 BGB bietet für einen solchen materiellen Kostenerstattungsanspruch keine Grundlage. Die Verpflichtung des Erben zur Einholung eines Gutachtens ist eine unvertretbare Handlung. Stünde jedem Pflichtteilsberechtigten ein eigener Anspruch auf Einholung eines eigenen Gutachtens zu, könnte damit der Nachlasswert leicht erschöpft werden. Daher muss es dem Erben vorbehalten bleiben, ein solches Gutachten einzuholen.
b) Kostentragung beim Vermächtnis
Rz. 225
Wie aber ist der Fall zu beurteilen, dass bspw. ein Vermächtnisnehmer mit einem Quotenvermächtnis bedacht ist und den Wert eines in den Nachlass gefallenen Grundstücks ermittelt haben möchte? Das LG Karlsruhe hatte einen Fall zu entscheiden, in dem einem Vermächtnisnehmer eine bestimmte Quote des Werts eines in den Nachlass gefallenen Grundstücks vermacht worden war. Hier ging es um eine Auskunftsklage des Vermächtnisnehmers.
Dem Vermächtnisnehmer wurde ein solcher Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen des § 242 BGB zugesprochen. Es wurde angenommen, dass mit der Zuwendung des Vermächtnisses auch der Auskunftsanspruch mit vermacht worden war, und zwar gerade deswegen, weil die zweckentsprechende Geltendmachung des Anspruchs eine zuverlässige Kenntnis vom Bestand des Nachlasses voraussetzte. Das war im vorliegenden Falle erst recht so, weil nur ein Wertbruchteil zugewandt worden war. Auch in diesem Falle hatte also der Nachlass die entsprechenden Kosten zu tragen.
c) Kostentragung beim Pflichtteilsergänzungsanspruch
Rz. 226
Nach der BGH-Rechtsprechung muss der pflichtteilsberechtigte Erbe, der von dem Miterben wegen eines Geschenks des Erblassers an diesen Auskunft über die Schenkung verlangt, gem. § 242 BGB die Kosten der Wertermittlung tragen.
Der pflichtteilsberechtigte Erbe kann aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter bestimmten Voraussetzungen von dem beschenkten Dritten verlangen, dass dieser den Wert der Zuwendung durch einen unparteiischen Sachverständigen ermitteln lässt. Das wurde in den Fällen, in denen es für einen Erben unmöglich war, sich Kenntnis über das Bestehen und den Umfang solcher Ansprüche auf zumutbare Weise zu verschaffen, allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung angenommen, dass der...