Rz. 109
Wie aber steht es um die Erbteilungsklage, wenn der Erblasser selbst Anordnungen getroffen hat?
1. Teilungsverbote
Rz. 110
Solche Teilungsverbote kommen in der Praxis gar nicht so selten vor (§ 2044 BGB). Danach kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung die Auseinandersetzung insgesamt oder hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die rechtliche Einordnung derartiger Teilungsverbote ist schwierig; sie reicht von einer unverbindlichen Bitte des Erblassers bis hin zur Annahme eines Vermächtnisses oder sogar einer bedingten Erbeinsetzung. Hier ist zunächst die Auslegung des wahren Willens des Erblassers gefragt.
Rz. 111
Selbstverständlich können sich die Erben insgesamt über diese Anordnung hinwegsetzen, da § 2044 BGB nur eine schuldrechtliche Bindung bewirkt, ein einzelner Miterbe kann sich jedoch bei Erhebung der Teilungsklage auf dieses Teilungsverbot des Erblassers ggf. berufen.
2. Teilungsanordnungen
Rz. 112
Ebenso häufig finden wir in der Praxis Anordnungen des Erblassers zur Aufteilung seines Nachlasses (Teilungsanordnung gem. § 2048 BGB). Auch hier gilt zunächst, dass die Erben sich einvernehmlich darüber hinwegsetzen könnten, in allen übrigen Fällen geht aber eine solche Teilungsanordnung den gesetzlichen Teilungsregeln vor.
Rz. 113
Besonders ist darauf zu achten, ob die Teilungsanordnung Wertausgleichsansprüche nach sich zieht oder nicht. Hier ist in der Gestaltung darauf zu achten, dass bei Fehlen entsprechender Angaben grundsätzlich ein Wertausgleich zu leisten ist, ein solcher jedoch wegfällt, wenn etwa der durch Zuordnung bestimmter Gegenstände empfangene Mehrwert mit einem Vorausvermächtnis belegt wird. Liegt eine derartige Anordnung nicht vor, ist auch die Wertausgleichsforderung beim Teilungsplan zu berücksichtigen. Der begünstigte Miterbe hat durch eine entsprechende Ausgleichszahlung in den Nachlass den überquotalen Mehrwert vorab auszugleichen. Eine derartige (freiwillige) Leistung ist Voraussetzung dafür, dass die Teilungsanordnung verwirklicht werden kann. Der BGH ist hier der Auffassung, dass die freiwillige Ausgleichszahlung nicht zur aufschiebenden Bedingung für die Wirksamkeit der Teilungsanordnung erhoben werden muss.
Rz. 114
Auch bei einer anzunehmenden Ausgleichspflicht muss danach der Miterbe, der die Auseinandersetzung betreibt, einen Teilungsplan vorlegen, der die Teilungsanordnung des Erblassers und den zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Ausgleichsbetrag berücksichtigt. Alsdann könnte aufgrund der vorliegenden Zustimmung des Ausgleichspflichtigen eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden bzw. im Wege der Erbteilungsklage erreicht werden.
Rz. 115
In diesen Fällen wird also die Frage, ob ein Mehrwert wegen eines anzunehmenden Vorausvermächtnisses vorab auszugleichen ist oder nicht, im Rahmen der Erbteilungsklage zur streitigen Position. Kommt es zu dieser Sachfrage nicht zu einer Einigung der Beteiligten, kann nur dringend zu einer entsprechenden Feststellungsklage vor Erhebung der Teilungsklage geraten werden.
Rz. 116
Zu dem Sonderfall einer Teilungsanordnung auf Bildung von Wohnungseigentum vgl. BGH v. 17.4.2002 – IV ZR 226/00, NJW 2002, 2712.
Rz. 117
Angesichts der nunmehr greifenden kurzen Verjährung auch im Vermächtnisrecht sollte an verjährungsunterbrechende Maßnahmen gedacht werden, selbst wenn nicht sicher ist, ob das zugrunde liegende Testament eine reine Teilungsanordnung oder auch ein Vorausvermächtnis enthält, da ansonsten bei späterer Einstufung als Vorausvermächtnis u.U. der Verjährungseinwand greift. Insofern sollte man sich vorsorglich auf den Standpunkt stellen, dass ein Vorausvermächtnis vorliegt und eine diesbezügliche Klage verjährungsunterbrechend erheben.
3. Anordnungen nach § 2048 S. 2 BGB
Rz. 118
Das Gesetz bietet dem Erblasser die Möglichkeit, anzuordnen, dass die Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Diese Anordnung ist von der Testamentsvollstreckung strikt zu unterscheiden. Durch eine solche Anordnung kann der Erblasser die Auseinandersetzung tatsächlich in die Hand eines Dritten legen, der aber nicht Testamentsvollstrecker sein muss. Dieser Dritte hat einen weiten Spielraum, nämlich den des "billigen Ermessens". Dieser unbestimmte Rechtsbegriff wird von der Rechtsprechung in der Weise geprüft, dass eine Aufteilung dann unwirksam ist, wenn sie jedenfalls "offenbar unbillig" ist. Dann müssten die Maßstäbe der Einzelfallgerechtigkeit in so grober Weise verletzt sein, dass sich die Unbilligkeit zwar nicht jedermann, aber doch dem unbefangenen Sachkundigen sofort aufdrängt.
Rz. 119
Der so berufene Dritte hat einen Auseinandersetzungsplan aufzustellen und ist dabei nicht einmal an die gesetzlichen Auslegungsregeln gebunden. Er darf lediglich die Teilungsquoten nicht beliebig festlegen. Dieser Plan w...