I. Begriff des Haushaltsführungsschadens
Rz. 188
Ein Haushaltsführungsschaden ist gegeben, wenn ein Verletzter – Hausfrau, Hausmann oder (sonstiger) Mithelfender – die Führung des Haushalts ganz oder jedenfalls teilweise übernommen hatte und infolge eines Schadensfalls entweder vorübergehend oder auf Dauer den Haushalt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr im gleichen Umfang wie früher führen kann. Ob die Haushaltsführung durch die Ehefrau oder den Ehemann geleistet wird oder zwischen beiden aufgeteilt ist, ist nicht entscheidend; je nach den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie in der betreffenden Familie praktiziert werden, kann jedem der beiden Partner im Falle seiner Verletzung ein Ersatzanspruch zustehen. Entsprechendes gilt bei Haushaltsgemeinschaften außerhalb der Ehe (vgl. dazu unten Rdn 218 ff.). Auch einem Alleinstehenden, der unfallbedingt seinen Haushalt nicht führen kann, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens zu. Dem im Haushalt der Eltern lebenden, volljährigen, berufstätigen Kind kann unter dem Aspekt vermehrter eigener Bedürfnisse ein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens zustehen, wenn er letztlich einen eigenen Haushalt führt.
Rz. 189
Zur Haushaltsführung gehören sowohl die Haushaltsführungstätigkeit im engeren Sinn (Kochen, Putzen, Waschen, Einkaufen, Kinderbetreuung usw.) als auch die Haushaltsführung im weiteren Sinn (z.B. Gartenarbeiten, Reparatur- und Renovierungsarbeiten in der Wohnung). Nicht zur Haushaltsführung in diesem Sinne gehören Tätigkeiten, die dem Hobbybereich zuzuordnen sind; deren Beeinträchtigung führt nicht zu einem materiellen, sondern allenfalls zu einem immateriellen Schaden. Das OLG Köln zählt zur Haushaltsführung im weiteren Sinne auch die Betreuung und Pflege, die ein Ehemann für seine schwerbehinderte und pflegebedürftige Ehefrau in der Zeit des Tages übernommen hat, die nicht durch die von der Pflegeversicherung bezahlten Pflegeleistungen abgedeckt werden kann, so dass ihm bei verletzungsbedingtem Ausfall ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Pflegedienstes zusteht, der die sonst von ihm zusätzlich vorgenommenen Pflegeleistungen übernommen hat.
II. Schadensgruppen
Rz. 190
Der Ausfall bei der eigenen Bedarfsdeckung gehört in die Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse, der Ausfall bei der Haushaltsführung für die Familienmitglieder wird dagegen dem Erwerbsschaden zugeordnet; insoweit ist die Haushaltstätigkeit heute einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit gleichgestellt.
Rz. 191
Die Unterscheidung hat für den Anspruchsübergang nach § 116 SGB X Bedeutung. Danach gehen die persönlichen Ansprüche des Verletzten in dem Umfang auf den Sozialversicherungsträger über, in dem er sachlich und zeitlich kongruente Leistungen erbringt. Soweit der Geschädigte die Haushaltstätigkeit für sich selbst geleistet hätte, besteht sachliche Kongruenz zu Leistungen wegen vermehrter Bedürfnisse. Soweit er die Haushaltstätigkeit für andere Haushaltsangehörige erbracht hätte, besteht sachliche Kongruenz zu den Lohnersatzleistungen der Sozialversicherungsträger. Bezieht der Haushaltsführende etwa Krankengeld oder eine Erwerbsunfähigkeits- oder Verletztenrente, geht sein Ersatzanspruch wegen Erwerbsschadens in Höhe dieser Rente auf den Sozialversicherungsträger über, der insoweit kongruente Leistungen erbringt. Entsprechendes gilt, wenn Krankengeld oder Verletztengeld gezahlt wird. Wird dagegen z.B. ein Pflegegeld gezahlt, geht der Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse auf den das Pflegegeld leistenden Sozialversicherungsträger über. Ebenso verhält es sich, wenn die Krankenkasse eine Haushaltshilfe (nur) für den eigenen Mehrbedarf der Verletzten zahlt.
Rz. 192
Der auf die Eigenbedarfsdeckung entfallende Anteil ist gem. § 287 ZPO zu schätzen. In der Regel kann die Abgrenzung zwischen dem im Rahmen der persönlichen Ansprüche ersatzfähigen Mehrbedarf und dem darauf anzurechnenden Erwerbsschaden vereinfacht nach der Anzahl der zum Haushalt gehörenden Personen, also nach Kopfteilen erfolgen. So kann z.B. im Zweipersonenhaushalt der durch den Ausfall des im Haushalt (auch) tätigen Ehemanns entstandene Schaden zu jeweils 50 % den kongruenten Sozialleistungen zugeordnet werden, in einem aus fünf Personen bestehenden Haushalt können 1/5 dem Verletzten und 4/5 den anderen Haushaltsmitgliedern zugeordnet werden. Eine solche pauschale Aufteilung ist aus Gründen der Praktikabilit...