Rz. 130
Wesentlicher Ausgangspunkt ist auch hier, dass nicht der Wegfall der Arbeitskraft des Unternehmers oder Freiberuflers als solcher, sondern erst die negative Auswirkung des Ausfalls seiner Arbeitsleistung im Vermögen des Verletzten einen Schaden im haftungsrechtlichen Sinne darstellt; der Selbstständige darf daher seinen Schaden nicht abstrakt in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft bestimmen. Demgemäß kommt es auch nicht auf eine abstrakte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit des Geschädigten an. Entscheidend ist vielmehr, ob und wie sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit als konkreter Verlust in der Vermögensbilanz des Verletzten ausgewirkt hat; denn es geht hier um den entgangenen Gewinn im Sinne des § 252 S. 1 BGB.
Rz. 131
Der Schaden des Selbstständigen kann sich im Einzelnen darin zeigen, dass während der Zeit des Ausfalls seiner Arbeitskraft Umsatz und Gewinn seines Unternehmens zurückgegangen sind oder er seine selbstständige Tätigkeit unfallbedingt möglicherweise sogar ganz aufgeben musste. Hat der Unternehmer seinen Umsatz dadurch aufrechterhalten können, dass er eine Ersatzkraft gegen Entgelt eingestellt hat, so haben die Kosten für die Ersatzkraft seinen Gewinn geschmälert. Ist es trotz Beschäftigung einer entgeltlichen Ersatzkraft im Hinblick auf eine eingetretene Umsatzsteigerung nicht zu einer Gewinnminderung gekommen, so kann dennoch ein Erwerbsschaden vorliegen, wenn der Geschädigte, wäre es nicht zum Unfall gekommen, selbst anstelle der Ersatzkraft eine Umsatz- und Gewinnsteigerung hätte erwirken können. Umgekehrt kann dann, wenn es auch durch Einstellung einer Ersatzkraft nicht gelingt, eine Umsatz- und Gewinneinbuße völlig aufzufangen, ein Schaden in doppelter Richtung entstehen, nämlich zum einen in den Kosten für die Ersatzkraft, zum anderen in der verbliebenen Gewinnschmälerung.
Rz. 132
Wegen der unterschiedlichen steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen und sonstigen Modalitäten kann es für die Berechnung des Erwerbsschadens auf die Art der Selbstständigkeit ankommen. Unter den Begriff des Selbstständigen fallen Gewerbetreibende (selbstständige Handwerker, Kaufleute, Gastwirte, Handelsvertreter) und Freiberufler (Anwälte, Ärzte, Steuerberater, Ingenieure, Sachverständige, Künstler, Journalisten), ferner Landwirte. Gewerbetreibende erzielen steuerlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), es ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich, sie unterliegen der Gewerbesteuer, es besteht eine Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht (§§ 140 ff. AO). Für Landwirte gelten (ab einer bestimmten Größe) ähnliche Regelungen. Freiberufler erzielen steuerlich Einkünfte aus selbstständiger bzw. freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 EStG), es ist keine Gewerbeanmeldung erforderlich, sie sind nicht gewerbesteuerpflichtig, sie sind auch nicht buchführungspflichtig. Möglich ist der Betrieb als Einzelunternehmen aber auch in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Handelsgesellschaft (OHG, KG) oder auch einer GmbH, wobei zu unterscheiden ist zwischen den (ersatzpflichtigen) Schäden des Verletzten und den (nicht ersatzpflichtigen) Schäden der Gesellschaft und der übrigen Gesellschafter, wofür es unter Umständen auf die Beteiligungsverhältnisse ankommt.