Rz. 161
Der Verletzte ist bei der Darlegung seines entgangenen Gewinns nicht an die Angaben gebunden, die er den Finanzbehörden gegenüber gemacht hat; die steuerlichen Folgen einer evtl. Diskrepanz bleiben unberührt, wobei der Richter in geeigneten Fällen dem zuständigen Finanzamt von dem Sachverhalt Mitteilung machen wird. Andererseits hält das Gericht sich bei der Ermittlung des Verdienstausfallschadens eines unfallgeschädigten Unternehmers im Rahmen der ihm durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessensfreiheit, wenn es sich einer finanzamtlichen Gewinnschätzung anschließt.
Rz. 162
Zur Feststellung des Erwerbsschadens eines Gewerbetreibenden kann nicht ohne weiteres vom entgangenen Rohgewinn ausgegangen werden; vielmehr sind Steuerersparnisse an Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zu berücksichtigen, wobei es Sache des Verletzten ist, im Einzelnen darzulegen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Steuerbeträge für die Schadensberechnung von Bedeutung sind. Andererseits können Einkommensteuervorteile, die unfallbedingt entgangen sind, auch einen ersatzpflichtigen Schaden darstellen. Im Grundsatz gelten für die Berücksichtigung von Steuervor- und Nachteilen entsprechende Überlegungen wie beim abhängig Beschäftigten (siehe dazu im Einzelnen oben Rdn 106 ff.). Stets muss aber bei Ermittlung der Differenz zwischen Erwerbsausfall einerseits und tatsächlich nach dem Unfall erzieltem Einkommen andererseits Vergleichbares gegenüber gestellt werden: Wird etwa die Bruttomethode zugrunde gelegt, so muss von den hypothetischen Bruttoeinkünften des geschädigten Selbstständigen sein tatsächlicher Bruttoverdienst (einschließlich der Steuerbelastung) abgezogen werden.
Rz. 163
Muss der Geschädigte unfallbedingt sein Unternehmen liquidieren, so stellt eine bei Verkauf einzelner Betriebsgegenstände eintretende Erlösminderung einen ersatzfähigen Schaden dar.
Rz. 164
Auch eine infolge des Schadensereignisses entgangene Gewinnbeteiligung am väterlichen Unternehmen kann ein zu ersetzender Folgeschaden sein.
Rz. 165
Wird einem Handelsvertreter, der bei einem Unfall verletzt wurde, gekündigt, so ist sein Anspruch aus § 89b HGB, der einen Ausgleich als echte vertragliche Vergütung für die vom Handelsvertreter mit der Werbung des Kundenstammes während der Vertragszeit geleisteten Dienste vorsieht, zu trennen von dem dem Handelsvertreter aus § 842 BGB erwachsenen Schadensersatzanspruch wegen Erwerbsschadens.
Rz. 166
Rechtsprechung im Einzelfall:
▪ |
Berechnung des unfallbedingten Verdienstausfallschadens eines selbstständigen Zahntechnikers; |
▪ |
Zahnarzt; |
▪ |
Erwerbsschaden des Inhabers eines Modeeinzelhandelsgeschäftes; |
▪ |
selbstständiger Handwerksmeister, der sich mit der Herstellung von Spezialwerkzeugen befasste; |
▪ |
Verdienstausfall des vorübergehend arbeitsunfähigen Inhabers einer Kraftfahrzeugwerkstätte unter Berücksichtigung der weiterlaufenden Generalunkosten; |
▪ |
Architekt; |
▪ |
Ersatzanspruch eines selbstständigen Tischlermeisters; |
▪ |
Schaden eines Kaufmanns, der unfallbedingt seinen Betrieb ganz aufgegeben hat; |
▪ |
Inhaber eines Bestattungsunternehmens; |
▪ |
Berufsfußballspieler; |
▪ |
mit der Montage von Fertighauselementen befasster selbstständiger Bauhandwerker; |
▪ |
Floristin; |
▪ |
Hersteller von Uhrenarmbändern; |
▪ |
Einzelhandelskaufmann; |
▪ |
Gastwirtin. |