Rz. 232
a) Nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. § 1360 BGB bestimmt, dass die Ehegatten einander verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, wobei ein Ehegatte, dem die Haushaltsführung überlassen ist, seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts erfüllt. Die konkrete Ausgestaltung der Unterhaltsgewährung bleibt weitestgehend dem gegenseitigen Einvernehmen überlassen (§§ 1353 Abs. 1 S. 2, 1356 BGB); die jeweils maßgeblichen Regelungen ergeben sich meist nur aus den Umständen, insbesondere aus dem jeweiligen Ehetyp. Die Aufgabenteilung in der Ehe unterliegt in erster Linie der freien Entscheidung der Ehegatten, die lediglich im Kindeswohl ihre Grenze findet. Auch eine nicht vergütete Mitarbeit im Geschäft oder auf dem Hof des Partners erfüllt die Unterhaltspflicht.
Rz. 233
b) Im Gegensatz zur früheren Rechtslage (auf der Grundlage des § 1356 Abs. 2 BGB a.F. vor der Neufassung durch das erste Eherechtsreformgesetz 1977) besteht keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung des Ehegatten mehr, im Erwerbsgeschäft des anderen mitzuarbeiten. Eine Mitarbeitspflicht ist nicht daraus herzuleiten, dass sie in bestimmten beruflichen Umfeldern üblich ist; sie kann sich heutzutage nur noch aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB) oder aus ihrer Pflicht (§ 1360 BGB), durch ihre Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, ergeben. Nur ausnahmsweise wird man heute noch eine Pflicht bejahen können, etwa bei Krankheit und in Notzeiten, bei vorübergehendem Personalmangel, z.B. in der Landwirtschaft, im Handwerk oder Einzelhandel, oder bei Liquiditätsschwierigkeiten.
Rz. 234
c) Auch heute arbeiten indes Ehegatten insbesondere in kleinen Familienbetrieben häufig freiwillig im Betrieb des anderen mit, etwa in der Landwirtschaft, im Handwerk und auch in freien Berufen, z.B. in einer Arztpraxis oder in einer Anwaltskanzlei. Hat ein Ehegatte bei Gütertrennung durch seine Mitarbeit im Betrieb des Ehepartners dessen Vermögen vermehrt, so kann ihm nach dem Scheitern der Ehe ein Ausgleichsanspruch zustehen. Ob und gegebenenfalls inwieweit ihm während des Bestehens der Ehe ein Vergütungsanspruch zusteht, ist rechtlich nicht geklärt. Ungeachtet dessen steht einem Ehepartner ein eigener Ersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Erwerbsschadens im Sinne des § 842 BGB zu, wenn er unfallbedingt in seiner Fähigkeit, im Erwerbsgeschäft des anderen Ehegatten mitzuarbeiten, beeinträchtigt wird. Denn eine solche Mitarbeit des Ehegatten stellt, auch wenn sie ohne eigentliches Entgelt erfolgt, eine für den im Familienverband Lebenden wirtschaftlich sinnvolle Verwertung der eigenen Arbeitskraft dar. Die Höhe des Schadensersatzes bei einer Verletzung des mitarbeitenden Ehegatten kann auf der Grundlage der Kosten einer Ersatzkraft bestimmt werden. Dabei kann auch fiktiv abgerechnet werden, etwa wenn der Ausfall oder die Beeinträchtigung des im Betrieb tätigen Ehepartners durch Mehrarbeit der Familienmitglieder oder auf andere Weise aufgefangen wird.
Rz. 235
d) Entsprechend der vorstehenden Ausführungen (siehe oben Rdn 218 ff.) sollte Entsprechendes gelten, wenn der Partner einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne Entgelt im Betrieb des anderen Partners mitarbeitet.
Rz. 236
e) Wird – etwa aus steuerrechtlichen Gründen und um eine bessere sozialversicherungsrechtliche Absicherung des Partners zu erreichen – dessen Mitarbeit auf eine arbeitsrechtliche Grundlage gestellt, liegt bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit ein "normaler" Verdienstausfallschaden vor (siehe dazu oben Rdn 13 ff.).
Rz. 237
f) Gehört ein Betrieb zum Gesamtgut der in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten, so kann sich der Ersatzanspruch des Verletzten auf die gesamte Gewinneinbuße erstrecken. Des Öfteren wird für die geschäftliche Zusammenarbeit der Ehegatten ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis angenommen werden können, sog. Ehegatten-Innengesellschaft. In einem solchen Fall richten sich Schadensersatzansprüche des verletzten Ehegatten und Gesellschafters wegen der Beeinträchtigung seiner Mitarbeit danach, ob und inwieweit der Gewinn des gemeinsamen Betriebes, an welchem der Geschädigte beteiligt ist, zurückgegangen ist. Eine gesellschaftsrechtliche Bindung kommt nicht nur für die Zeit der Ehe (als Ehegatteninnengesellschaft) in Betracht, sondern kann auch während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorgelegen haben.
Rz. 238
g) Kann ein Ehegatte infolge eines Unfalls vorübergehend Pflegeleistungen zugunsten des anderen Ehegatten nicht erbringen, die er vorher jahrelang erbracht hatte, und wird der pflegebedürftige Ehegatte deshalb notwendigerweise in einem Pflegeheim gepflegt, so stellen die dort ang...