I. Überblick
Rz. 9
▪ |
Auskunftsanspruch nahestehender Personen gegen Betreuer |
▪ |
über persönliche Lebensumstände |
▪ |
bei Wunsch des Betreuten oder seinem mutmaßlichen Willen entsprechend |
▪ |
im Rahmen der Zumutbarkeit für den Betreuer |
▪ |
Durchsetzung nur über Aufsichtspflicht des Betreuungsgerichts |
II. Einleitung
Rz. 10
Ein neues Auskunftsrecht von nahestehenden Angehörigen in § 1822 BGB n.F. wird in der Praxis mit Blick auf die Reichweite und die Arbeitsbelastung des Betreuers für Diskussionen sorgen. Es kann aber auch tragische Fälle des Ausschlusses wichtiger Bezugspersonen sowie Missbrauch durch mehr soziale Kontrolle verhindern, was ausdrückliches Ziel schon in der Facharbeitsgruppe 1 beim BMJV war. Dies wurde im Diskussionsprozess von den Experten deutlich und im Bewusstsein der daraus auch resultierenden Probleme und Belastungen gefordert.
Rz. 11
Es handelt sich nicht um eine Beteiligung wie im Betreuungsverfahren nach § 274 FamFG, sondern um einen materiell-rechtlichen Auskunftsanspruch, der aber nur indirekt über ein Aufsichtsverfahren beim Betreuungsgericht oder indirekt mit einem Antrag auf Betreuerwechsel verfolgt werden kann. Sein Inhalt und der Kreis der anspruchsinnehabenden Personen sind in § 1822 BGB n.F. nicht klar definiert. Nach der Gesetzesbegründung sollen aber beide eng begrenzt sein.
Rz. 12
Bislang gab es gem. § 1839 BGB a.F. nur eine Auskunftspflicht des Betreuers gegenüber dem Betreuungsgericht, die in § 1864 BGB n.F. fortbesteht.
III. Anspruchsberechtigte
Rz. 13
Durch die Ergänzung der Bezeichnung "Angehörige" mit der Beschreibung "nahestehend" wird deutlich gemacht, dass der Verwandtschaftsgrad nachrangig ist. Es kommt auf die persönliche Nähe der Angehörigen oder auch der sonstigen, nicht verwandten Vertrauensperson an. Nach der Gesetzesbegründung wird erwartet, dass sich der auskunftsberechtigte Personenkreis mit dem in § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG genannten decken wird. Der Vorschlag des Bundesrates, auf diese Norm zu verweisen, wurde aber nicht übernommen.
Rz. 14
Für die nähere Bestimmung des Begriffes der Vertrauensperson kann auf die Rechtsprechung zu § 303 Abs. 2 Nr. 2 FamFG zurückgegriffen werden. Ausschließlich eigene Interessen darf der Dritte nicht verfolgen. Das schließt aber keineswegs aus, dass nicht auch eigene Interessen bestehen dürfen. Bei nahestehenden Personen ist das regelmäßig zwangsläufig. So kann es um die Frage der Rückkehr in die eigene Häuslichkeit und damit um einen Regelungsbedarf hinsichtlich der Wohnung und dem Inventar gehen, an dem der Dritte (z.B. der Ehegatte) beteiligt ist, oder um Möglichkeiten des Besuches oder der Kommunikation bei Ortsabwesenheit des Dritten.
IV. Inhalt
Rz. 15
Von der "persönlichen Lebenssituation" sollen die Wohnsituation sowie der allgemeine Gesundheitszustand umfasst sein. Damit wird auch der Aufenthalt offenzulegen sein. Was unter "allgemein" fällt, wird vom Einzelfall abhängen. Eine Konkretisierung, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, wurde nicht aufgenommen und hätte wohl auch – u.U. unbeabsichtigterweise – einschränkend wirken können. Nach hier vertretener Ansicht darf dies nicht zu eng gesehen werden. Von einem gesteigerten Bedürfnis an Geheimniskrämerei beim Betreuten über seinen Gesundheitszustand z.B. gegenüber seinen Abkömmlingen wird regelmäßig nicht auszugehen sein. Und bei einer mündlichen Unterrichtung wird dem Betreuer ein Telefonat von zehn statt nur fünf Minuten zuzumuten sein, so dass auch insofern eine konkrete Schilderung möglich ist.
Rz. 16
So helfen Angaben wie "altersgemäßer Allgemeinzustand" kaum weiter. Für den Angehörigen sind Informationen wichtig, die ihn z.B. erkennen lassen, wie mit dem Betreuten kommuniziert werden kann (z.B. wegen Schwerhörigkeit beim Telefonieren, Fehlsichtigkeit beim Lesen von Briefen und Karten), wie beweglich der Betreute ist (z.B. für Spaziergänge mit oder ohne Rollstuhl), was für Wirkungen verabreichte Medikamente haben, die für den Umgang wichtig sein können oder Veränderungen erklären (z.B. Müdigkeit, Gewichtszunahme), ob Krankenhausaufenthalte oder ambulante Eingriffe anstehen oder erfolgt sind, da diese ebenfalls konkrete Folgen, unter Umständen bis hin zum Ableben des Betreuten, haben können.
Rz. 17
Ein aktives Zugehen des Betreuers auf die Angehörigen ist nach § 1822 BGB n.F. nicht geschuldet. Nach hier vertretener Ansicht kann aber ein dauerhaftes Verlangen angemeldet werden. Seine Grenzen hat dies in der Zumutbarkeit. Grundsätzlich kann aber ein aktives Zugehen von Seiten des Betreuers auch als seine allgemeine Pflicht im Sinne von § 1821 BGB n.F. gesehen werden. Es ist z.B. anzunehmen, dass es grundsätzlich der mutma...