aa) 2-Wochen-Frist
Rz. 44
Die Befriedungsgebühr fällt auch dann an, wenn aufgrund der Einspruchsrücknahme eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, unabhängig davon, ob bereits ein Termin anberaumt war oder nicht.
War allerdings ein Hauptverhandlungstermin bereits bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn der Einspruch mindestens zwei Wochen vor dem vorgesehenen Termin zurückgenommen wird.
Die Gebühr fällt allerdings auch dann an, wenn einem Verlegungsantrag des Verteidigers entsprochen wird und dieser dann den Einspruch (oder die Berufung) vor dem (mindestens zwei Wochen später) anberaumten Termin zurücknimmt (AG Wiesbaden MittBl 2006, 33; AG Saarbrücken AGS 2009, 323) bzw., wenn die Sache vertagt wird und sich mehr als zwei Wochen vor dem erneuten Termin durch anwaltschaftliche Mitwirkung erledigt (AG Köln MittBl 2007, 13).
Praxistipp: Keine Obliegenheit mit der Einspruchsrücknahme abzuwarten
Der Versicherungsnehmer hat keine versicherungsvertragliche Obliegenheit, den Einspruch erst innerhalb der 2-Wochen-Frist zurückzunehmen (AG Düsseldorf zfs 1999, 119), die Geltendmachung der Gebühr ist auch nicht rechtsmissbräuchlich (AG Saarbrücken AGS 2009, 323).
bb) Ausgesetzte Hauptverhandlung
Rz. 45
Streit bestand darüber, ob die Gebühr nur anfallen kann, wenn eine Hauptverhandlung vermieden wurde, also dann nicht, wenn bereits ein Termin stattgefunden hat und die Hauptverhandlung ausgesetzt worden war (so z.B. OLG Bamberg AGS 2007, 138). Der BGH (zfs 2011, 524) hat dieser Auffassung ausdrücklich widersprochen und die bereits früher überwiegend vertretene gegenteilige Auffassung (LG Cottbus zfs 2007, 529; AG Saarbrücken AGS 2010, 20; AG Berlin-Tempelhof zfs 2010, 287; AG Riedlingen, Urt. v. 13.12.2018 - 1 C 170/17, juris) bestätigt. D.h. der Verteidiger verdient neben der Terminsgebühr dann eine Befriedungsgebühr, wenn die Hauptverhandlung ohne sein Verschulden ausgesetzt (und nicht nur unterbrochen) wurde und die Gründe für spätere, unter seiner Mitwirkung zustande gekommene, Verfahrenseinstellung erst nach dem Hauptverhandlungstermin entstanden sind bzw. das Angebot auf Einstellung des Verfahrens gem. § 47 Abs. 2 OWiG oder § 153a StPO erst nach dem ersten Hauptverhandlungstermin erfolgte (so auch LG Oldenburg AGS 2011, 598; AG Riedlingen DAR 2019, 116).
cc) Mitwirkung des Verteidigers
Rz. 46
Die Befriedungsgebühr fällt nur dann nicht an, wenn ein Beitrag des Rechtsanwaltes zur Förderung des Verfahrens nicht ersichtlich ist.
Es ist allerdings lediglich irgendein Beitrag ursächlicher Art erforderlich (LG Kempten AGS 2003, 312; LG Stralsund AGS 2005, 442; LG Oldenburg zfs 2013, 468), mag der Hauptanstoß zur Einstellung oder Erledigung auch vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft ausgegangen sein (LG Freiburg AnwBl 1998, 486; OLG Düsseldorf StraFo 1999, 68); ein entsprechender Beitrag kann somit auch in einem mit der Staatsanwaltschaft geführten Gespräch liegen (AG Lörrach zfs 1999, 212), in dem dem Mandanten erteilten Rat, einer Einstellung gemäß § 153a StPO zuzustimmen (LG Zweibrücken AGS 2002, 112) oder auch in einem schriftlichen Bestreiten des Tatvorwurfs.
Für die Mitwirkung bei der Erledigung gilt jede zur Förderung der Einstellung geeignete Tätigkeit des Verteidigers. Ausführungen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren können deshalb auch die Erledigung des daran anschließenden Bußgeldverfahrens fördern (BGH zfs 2008, 709; LG Cottbus AGS 2017, 186).
Ein Nachweis der Ursächlichkeit ist nicht erforderlich und der Gebührenschuldner trägt die Beweislast dafür, dass die Tätigkeit des Anwalts für die Verfahrenseinstellung nicht kausal war (OLG Düsseldorf AGS 2003, 112; AG Saarbrücken zfs 2006, 108; KG AGS 2009, 324).
Achtung: Gezieltes Schweigen
Es reicht sogar bereits ein gezieltes Schweigen, also die Mitteilung, dass der Mandant (vorläufig) von seinem Schweigerecht Gebrauch macht (AG Bremen zfs 2002, 373; AGS 2003, 29; AG Berlin-Charlottenburg AGS 2007, 309; AG Hamburg-Barmbek, AGS 2011, 596).
Dem hat sich der BGH angeschlossen (BGH zfs 2011, 285), allerdings mit der Einschränkung, dass dies nicht gelten soll, wenn das Verfahren aus anderen Gründen ohnehin eingestellt worden wäre, was wiederum zur Beweislast des Gebührenschuldners steht (AG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2017 - 22 C 102/17).
dd) Gemeinsame Terminierung mehrerer Sachen
Rz. 47
Mehrere Sachen sind auch dann gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten, wenn ihnen ein gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde liegt (AG Köln AnwBl 1988, 357). Sie bleiben solange gebührenrechtlich selbstständige Angelegenheiten wie sie nicht formell verbunden worden sind. Die gemeinsame Terminierung bewirkt indessen noch keine Verbindung (LG Potsdam, Urt. v. 27.6.2013 - 24 Qs 184/12).
ee) Ausgefallener Termin
Rz. 48
Der Verteidiger erhält jetzt die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet, es sei denn, er wäre rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden (VV Vorb. 5 Abs. 2 S. 2 u. 3; LG Berlin AGS 2011, 284).
ff) Postentgeltpauschale
Rz. 49
Nach Auffassung des BGH (zfs 2013, 168) handelt es sich beim OWi-Verfahren vor der Verwalt...