§ 53 Der Minderjährige als Nacherbe
A. Ausschlagung
Rz. 378
Ist ein Minderjähriger zum Nacherben berufen, so muss über die Annahme oder die Ausschlagung der Nacherbschaft befunden werden. Die Annahme der Erbschaft durch den Minderjährigen kann der gesetzliche Vertreter jederzeit nach dem Erbfall (§ 1946 BGB) für den Minderjährigen erklären (siehe Rdn 34 ff.). Der Ablauf der 6-Wochen-Frist des § 1944 Abs. 1 BGB bewirkt indes hier nicht, dass die Nacherbschaft als angenommen gilt. Die Ausschlagungsfrist beginnt grundsätzlich nicht vor dem Nacherbfall (§§ 1944, 2139 BGB).
Zählt der minderjährige Nacherbe aber zu den Pflichtteilsberechtigten, so muss zuweilen überlegt werden, ob der Minderjährige nicht lieber die Nacherbschaft ausschlägt und gemäß § 2306 BGB den Pflichtteil verlangt (siehe Rdn 49 ff.).
Rz. 379
Die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte seine Beschränkung durch die Vorerbschaft kennt (§ 2306 Abs. 1 2. Halbs. BGB). Wenn im Übrigen die allgemeinen Voraussetzungen für den Fristbeginn vorliegen, insbesondere der Nacherbfall eingetreten ist, läuft von diesem Zeitpunkt an die 6-Wochenfrist (§ 1944 Abs. 2 S. 1 BGB); sie beginnt jedoch niemals vor der Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht (§ 1944 Abs. 2 S. 2 BGB, § 348 Abs. 2 FamFG).
Nun beginnt die dreijährige Frist für die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs (§ 195 BGB) aber schon mit dem Ende des Jahres, in dem der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen Kenntnis von der beeinträchtigenden Verfügung, also der Bedenkung als bloßer Nacherbe, erhält (vgl. Rdn 50 ff.), zu laufen (§ 199 BGB). Die Verjährung wird nicht dadurch gehemmt, dass der Pflichtteilsanspruch erst nach der Ausschlagung der Nacherbschaft geltend gemacht werden kann (§ 2332 Abs. 2 BGB). Daher muss der Minderjährige, bzw. sein gesetzlicher Vertreter, die nach § 2306 BGB gebotene Wahl wenigstens binnen dieser 3-Jahres-Frist treffen, wenn nicht der Nacherbfall vor Ablauf der Verjährungsfrist eingetreten ist (siehe Rdn 49).
Rz. 380
Nicht selten ist beim Tod des ersten Elternteils der andere Elternteil Vorerbe; auch ist er zugleich gesetzlicher Vertreter des Minderjährigen als Nacherbe oder als Mit-Nacherbe (§ 1680 Abs. 1 BGB). Die Ausschlagungserklärung als Willenserklärung des Kindes richtet sich nach h.M. an das Nachlassgericht (a.A. siehe Rdn 56), so dass § 181 BGB unanwendbar ist. Damit entfällt auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 BGB). Der überlebende Elternteil bedarf nach § 1643 Abs. 2 BGB zur Ausschlagung der familiengerichtlichen Genehmigung. Die Ausschlagungsfrist hinsichtlich der Nacherbschaft endet also nach 6 Wochen seit Kenntnis durch den gesetzlichen Vertreter. Aber wenn die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erteilt ist, so behilft man sich durch die Anwendung des § 206 BGB (siehe Rdn 62 ff.).
Rz. 381
Folgt man der hier vertretenen gegenteiligen (Minder-)Meinung (siehe Rdn 55), dass die Ausschlagungserklärung nur formell an das Nachlassgericht, aber der Sache nach gegen denn Elternteil/Vorerbe als den gesetzlichen Vertreter selbst gerichtet ist, so ist § 181 BGB in die Betrachtung mit einzubeziehen. Im Beispiel ist dann – solange kein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) bestellt ist – § 1944 BGB in Verbindung mit § 210 BGB anwendbar, so dass die Ausschlagungsfrist nicht vor Ablauf von 6 Monaten nach Erreichen der Volljährigkeit des minderjährigen Kindes endet (§ 210 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Kenntnis des Elternteils von der Beeinträchtigung des Kindes durch die Anordnung der Nacherbfolge setzt sich nach h.M. beim volljährig gewordenen Kind fort; es bedarf keiner (neuen) Kenntnisnahme durch den volljährig Gewordenen.
Wird der Ergänzungspfleger innerhalb der Minderjährigkeit des Kindes bestellt, so beginnt der Lauf der Ausschlagungsfrist, sobald dieser die geforderte Kenntnis der Umstände hat, die die Ausschlagungsfrist in Lauf setzen (§ 1944 Abs. 2 BGB). Der Pfleger bedarf zur Ausschlagung gemäß §§ 1915, 1822 Nr. 2 BGB die Genehmigung des Familiengerichts.
B. Verzeichnis der Nachlassgegenstände
Rz. 382
Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände zu übermitteln (§ 2121 BGB). Es gehört zur Aufgabe des gesetzlichen Vertreters, alsbald nach dem Erbfall ein solches Verzeichnis vom Vorerben zu verlangen.
Vertreten Eltern den Minderjährigen, so werden sie das Verzeichnis von selbst erstellen, von sich selbst also das Verzeichnis "verlangen", jedenfalls dann, wenn die Wertgrenze von 15.000 EUR überschritten ist. Denn dann haben sie gemäß § 1640 BGB dem Familiengericht das Verzeichnis nach dem Anfall der Erbschaft zu übermitteln (siehe Rdn 167). Vertritt ein Vormund den Minderjährigen, so wird er alsbald vom Vorerben ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände verlangen und es gemäß § 1802 BGB dem Familie...