Dr. Heribert Heckschen, Dr. Matthias Kreußlein
a) Vorbereitung
Rz. 91
Die Eingliederung setzt zunächst einen Hauptversammlungsbeschluss der Hauptgesellschaft voraus. Der Vorstand soll eine Eingliederung nicht ohne Beteiligung der Aktionäre vornehmen können, da hiermit auch Risiken für die Hauptgesellschaft (Haftung für Altverbindlichkeiten gem. § 322 AktG und Verlustübernahme gem. § 324 Abs. 3 AktG) verbunden sind. Zum Schutz der Aktionäre der Hauptgesellschaft ist diesen vor Beschlussfassung
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gem. § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 AktG der Entwurf des Beschlusses, die Jahresabschlüsse und Lageberichte der einzugliedernden Gesellschaft für die letzten drei Geschäftsjahre offenzulegen, |
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gem. § 319 Abs. 3 Nr. 3 AktG ein Eingliederungsbericht zu erstatten und |
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gem. § 319 Abs. 3 Satz 5 AktG Auskunft über alle wesentlichen Angelegenheiten der einzugliedernden Gesellschaft zu geben. |
Die Informationspflichten dienen nur dem Schutz der Aktionäre der Hauptgesellschaft. Die Aktionäre bzw. der einzige Aktionär der Tochtergesellschaft ist die Hauptgesellschaft. Sie ist nicht schutzwürdig.
aa) Entwurf des Eingliederungsbeschlusses
Rz. 92
Der Vorstand der einzugliedernden Gesellschaft muss einen Beschlussentwurf als Grundlage der Beschlussfassung erstellen. Der Text wird i.d.R. sehr kurz ausfallen, da er nur eine Erklärung über die Eingliederung der 100 %igen Tochtergesellschaft enthält.
bb) Eingliederungsbericht
Rz. 93
§ 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AktG verlangt – im Gegensatz zur Verschmelzung – auch bei der Eingliederung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft die Erstellung eines Eingliederungsberichts durch den Vorstand der Hauptgesellschaft vor. Die Vorschrift entspricht § 293a AktG bzw. § 8 UmwG. Ein mit § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 UmwG vergleichbarer Ausnahmetatbestand existiert nicht. Gegenstand des Berichts ist nur die Eingliederung an sich. Inhaltlich muss der Bericht den mit der Eingliederung verfolgten Zweck und alternative Möglichkeiten darstellen sowie die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Der Vorgang ist den Aktionären der künftigen Hauptgesellschaft in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu erläutern und zu begründen. Die Aktionäre der Hauptgesellschaft müssen sich eine fundierte Meinung über die Eingliederung bilden können. Ihnen sind insbesondere die Risiken und Vorteile wie auch die wesentliche Rechtsfolge der Eingliederung darzustellen, nämlich die gesamtschuldnerische Haftung der Hauptgesellschaft gem. § 322 AktG für die Verbindlichkeiten der einzugliedernden AG.
Ein fehlerhafter Bericht führt zur Anfechtbarkeit des Eingliederungsbeschlusses (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG). Der Fehler lässt sich auch nicht in der Hauptversammlung durch eine intensive Erläuterung des Vorgangs durch den Vorstand nachholen bzw. heilen.
Anders etwa im UmwG sehen die Regelungen zur Eingliederung keine Möglichkeit vor, auf die Erstellung eines Eingliederungsberichtes zu verzichten. Nach überwiegender Meinung § 8 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 UmwG aber analog anzuwenden. Im Übrigen muss der Verzicht in analoger Anwendung des § 293a Abs. 3 AktG nicht nach § 8 BeurkG beurkundet werden. Es genügt eine notariell beglaubigte Erklärung der Aktionäre der Hauptgesellschaft.
cc) Vorabinformation der Aktionäre der Hauptgesellschaft
Rz. 94
Die in § 319 Abs. 3 Satz 1 AktG geforderten Unterlagen müssen gem. § 319 Abs. 3 Satz 1 AktG von der Einberufung der Hauptversammlung der zukünftigen Hauptversammlung an, die über die Zustimmung zur Eingliederung beschließen soll, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre ausgelegt werden. Jeder Aktionär kann eine Abschrift der Unterlagen verlangen. Diese Pflichten entfallen gem. § 319 Abs. 3 Satz 3 AktG, wenn die erforderlichen Unterlagen über die Internetseite der zukünftigen Hauptgesellschaft zugänglich sind. Auch in der Hauptversammlung der Hauptgesellschaft sind die Unterlagen auszulegen.
b) Hauptversammlungsbeschlüsse
Rz. 95
Die Hauptversammlungen beider Gesellschaften müssen über die Eingliederung beschließen. Auch wenn der Gesetzeswortlaut von einem Zustimmungsbeschluss zum Eingliederungsbeschluss der einzugliedernden Gesellschaft spricht, ist es unerheblich, in welcher Reihenfolge die Beschlüsse gefasst werden.
aa) Auskunftsrecht
Rz. 96
§ 319 Abs. 3 Satz 5 AktG sieht zugunsten der Aktionäre ein Auskunftsrecht vor. Sie können in der Hauptversammlung, die über die Eingliederung beschließen soll, Auskunft über alle im Zusammenhang mit der Eingliederung wesentlichen Angelegenheiten der einzugliedernden Gesellschaft ver...