Dr. Heribert Heckschen, Dr. Matthias Kreußlein
Rz. 102
Die Eingliederung kann auch eingetragen werden, wenn ein Gericht festgestellt hat, dass die Klage der Eintragung der Eingliederung nicht entgegensteht (§ 319 Abs. 6 Satz 1 AktG).
Rz. 103
Ein Freigabebeschluss kann nach § 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 AktG weiterhin ergehen, wenn die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist.
Ferner darf ein Freigabebeschluss erlassen werden, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihrer Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile des Antragsgegners überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor, § 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 3 AktG. Eine Freigabe darf aber selbst bei überwiegendem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre dann nicht erfolgen, wenn der mit der Klage geltend gemachte Rechtsverstoß besonders schwer ist. Hier ist auf die Bedeutung der verletzten Norm und das Ausmaß der Rechtsverletzung abzustellen. Die Darlegungslast bzgl. der Schwere des Verstoßes liegt beim Antragsgegner.
Rz. 104
Zudem besteht ein Bagatellquorum, um Kleinstaktionären die Möglichkeit zu versagen, mit Anfechtungsklagen unternehmensstrukturelle Maßnahmen von größter Bedeutung für die Gesellschaft aufzuhalten. Gem. § 319 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 AktG muss der Kläger binnen einer Woche nach Zustellung durch Urkunden nachweisen, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000,00 EUR am Grundkapital der Gesellschaft hält. Hierbei wird davon ausgegangen, dass zur Überschreitung dieser Bagatellschwelle durchschnittlich ein Investment des Aktionärs von ca. 10.000,00 EUR–20.000,00 EUR in die Gesellschaft erforderlich wird. Mit einer solchen Regelung wird zugleich verhindert, dass sich substantiierten Anfechtungsklagen zahlreiche Klagen von "Kleinstaktionären" als "Trittbrettfahrer" ohne eigenständigen Vortrag anschließen und dadurch Gerichte und ihre Geschäftsstellen in unnötiger Weise belastet werden.
Gem. § 319 Abs. 6 Satz 2 AktG erstreckt sich die Prozessvollmacht des Anfechtungsprozesses (Hauptsache) auch auf das Freigabeverfahren. Dies zeigt der Verweis in § 319 Abs. 6 AktG auf die §§ 82 ff. ZPO. Dies ermöglicht eine erleichterte Zustellung im Freigabeverfahren an den Prozessbevollmächtigten des Anfechtungsklägers in der Hauptsache, wodurch eine deutliche Beschleunigung der Freigabeverfahren erreicht werden soll.
Beschleunigt wird das Freigabeverfahren durch die in § 319 Abs. 6 Satz 6, 7 AktG vorgesehene Verkürzung des Rechtswegs. Das OLG, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, entscheidet erst- und letztinstanzlich (ohne Beschwerdemöglichkeit).