Birgit Eulberg, Michael Ott-Eulberg
I. Beschlagnahme
Rz. 61
Der Nachlass wird mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beschlagnahmt, § 80 InsO, mit der Wirkung, dass der Erbe seine Verfügungsbefugnis verliert. Die Verschmelzung von Nachlass und Eigenvermögen des Erben wird mit Rückwirkung ab dem Erbfall beseitigt, § 1978 Abs. 1 BGB (Nachlassseparation).
II. Ausschließliche Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters
Rz. 62
Der Insolvenzverwalter hat das ausschließliche Verwaltungs- und Verfügungsrecht, §§ 27, 80 Abs. 1 InsO. Zu dem im Eröffnungsbeschluss genannten Zeitpunkt verliert der Schuldner (= Erbe) Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass, einschließlich der Prozessführungsbefugnis, §§ 80 ff. InsO; dies gilt sowohl für Aktiv- als auch Passivprozesse. Die Unterbrechung gem. § 240 ZPO betrifft auch Stufenklagen von Pflichtteilsberechtigten. Die Nachlassinsolvenz unterbricht gem. § 240 S. 1 ZPO die Prozesse der Erben, die diese als solche führen, d.h. im Fall eines Passivprozesses Klagen, mit denen Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 1967 BGB geltend gemacht werden.
Rz. 63
Wird eine gegen den Erben gerichtete Klage erst nach Einreichung, aber noch vor Zustellung der Klage dadurch unzulässig, dass über den Nachlass des Erblassers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, so hat der Erbe die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn er den Kläger nach Ankündigung der Klageerhebung nicht darüber informiert hat, dass und wann er bereits Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. In einem solchen Fall handelt es sich bei den Prozesskosten nicht um Nachlassverbindlichkeiten, sondern um eigene Verbindlichkeiten des Erben.
Rz. 64
Rechtshandlungen des Schuldners (= Erben) sind mit der Eröffnung den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam, § 81 Abs. 1 InsO.
III. Grundbuchvermerk
Rz. 65
Der Insolvenzvermerk wird auf Ersuchen des Insolvenzgerichts in das Grundbuch eingetragen, §§ 32, 33, 81 InsO.
IV. Nachlassseparation
Rz. 66
Der Nachlass wird den Nachlassgläubigern vorbehalten, §§ 325, 327 InsO. Die Haftung des Erben beschränkt sich gegenüber den Nachlassgläubigern auf den Nachlass, § 1975 BGB, wenn er nicht bereits unbeschränkt haftet.
Rz. 67
Anders als die Nachlassverwaltung, die gem. § 1988 BGB mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens endet, erlischt das Amt des Nachlasspflegers nicht automatisch. Auch zwingt die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nicht zur Aufhebung der Nachlasspflegschaft, vielmehr kann die Notwendigkeit der Wahrung der Rechte und Pflichten des noch nicht feststehenden Erben-Insolvenzschuldners die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft gebieten.
V. Verbot der Einzelzwangsvollstreckung
Rz. 68
Einzelzwangsvollstreckungen sind während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig, §§ 89, 90 InsO. Für die Immobiliarzwangsvollstreckung bewirkt das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO in Bezug auf persönliche Nachlassgläubiger Folgendes: Eine Zwangshypothek kann nicht mehr im Grundbuch eingetragen werden, der Eintrag selbst wäre ein Akt der Zwangsvollstreckung, wenn auch nur zum Zweck der Sicherung der Forderung. Die Forderung ist zur Insolvenztabelle anzumelden. Dies gilt nicht für Verbindlichkeiten aus Immobilien, wie z.B. Abwasserbeiträge. Für Abwasserbeiträge, die erst nach dem Erbfall in der Person des Erben als neuer Eigentümer des geerbten Grundstücks entstehen, haftet der Erbe grundsätzlich mit seinem eigenen Vermögen und nicht beschränkt auf den Nachlass, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet wird. Abwasserbeitragsbescheide können dann trotz der Nachlassinsolvenz dem Erben selbst bekanntgegeben werden und müssen das Nachlassinsolvenzverfahren nicht erwähnen.
VI. "Rückschlagsperre"
1. Zeitraum ein Monat vor Antragstellung
Rz. 69
Rückschlagsperre des § 88 InsO heißt: Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung (Sach- und Forderungspfändung) an einem Nachlassgegenstand erlangt, so wird diese Maßnahme mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens unwirksam.
Rz. 70
Die Rückschlagsperre betrifft nur die durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungen. Die Rückschlagsperre greift nicht ein, wenn der Vollstreckungsgläubiger bereits anderweitig befriedigt wurde.
Rz. 71
Hat der Nachlassgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung der Nachlassinsolvenz eine Zwangshypothek im Grundbuch eintragen lassen, so wird diese mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens unwirksam. Analog dürfte eine Eigentümergrundschuld entstehen, § 868 ZPO.
Rz. 72
Nicht erfasst werden von der Rückschlagsperre rechtsgeschäftlich vorgenommene Sicherungen; ein derartiger Rechtserwerb kann jedoch durch Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO angefochten werden, sodass kein wesentlicher Unterschied besteht.
2. Zeitraum zwischen Antragstellung und Eröffnung
Rz. 73
Für den Zeitraum zwischen Antragstellung und Verfahrenseröffnung gilt, wenn Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden: Di...