Birgit Eulberg, Michael Ott-Eulberg
Rz. 159
Der Kreis der Massegläubiger im Nachlassinsolvenzverfahren ergibt sich aus § 324 InsO. Insolvenzgläubiger sind nur die Nachlassgläubiger, § 325 InsO, zu denen gem. § 325 InsO auch der Erbe selbst zählen kann. Die aussonderungsberechtigten Gläubiger (z.B. Rechte aus §§ 985, 604 BGB) sind keine Insolvenzgläubiger, § 47 InsO; sie brauchen daher am Insolvenzverfahren nicht teilzunehmen und sind somit auch nicht antragsberechtigt. Zur abgesonderten Befriedigung berechtigt sind die in §§ 49 bis 51 InsO Berechtigten. Soweit ihnen der Schuldner persönlich haftet, sind sie auch Insolvenzgläubiger und müssen ihre Forderungen zur Tabelle anmelden. Bedient wird die Forderung mit dem nach Absonderung ausgefallenen Teil mit der Quote. Unbewegliche Gegenstände werden vom Berechtigten nach dem ZVG verwertet. Bewegliche Gegenstände und Forderungen werden ausschließlich vom Verwalter verwertet (§§ 166 bis 169 InsO; Ausnahme § 173 InsO).
Rz. 160
Bei der Verteilung des Nachlasses gilt folgende Rangordnung: An erster Stelle stehen die Masseverbindlichkeiten nach §§ 54, 55 und 324 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO, die vorab befriedigt werden. Es gibt nichtnachrangige Insolvenzgläubiger, § 38 InsO, die innerhalb einer Stufe rangmäßig auf der gleichen Stufe stehen, und nachrangige Insolvenzgläubiger, § 39 InsO.
Rz. 161
Im Einzelnen ergibt sich folgendes Stufenverhältnis:
1. |
Masseverbindlichkeiten |
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§ 54 Nr. 1 InsO |
Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren |
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§ 54 Nr. 2 2. Var. InsO |
Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters |
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§ 54 Nr. 2 3. Var. InsO |
Vergütung und Auslagen der Mitglieder des Gläubigerausschusses |
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§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO |
Verbindlichkeiten aus Handlungen des Insolvenzverwalters |
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§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO |
Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen |
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§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO |
Verbindlichkeiten aus ungerechtfertigter Bereicherung der Masse |
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§ 55 Abs. 2 InsO |
durch vorläufigen Insolvenzverwalter begründete Verbindlichkeiten rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Ursprungs |
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§ 55 Abs. 3 InsO |
Ansprüche aus Arbeitsentgelt |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO |
Ersatzansprüche der Erben nach §§ 1978, 1979 BGB |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 2 InsO |
Beerdigungskosten |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 3 InsO |
Verfahrenskosten im Fall einer Todeserklärung |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO |
Kosten der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen, Kosten der Sicherung des Nachlasses, der Nachlasspflegschaft, des Aufgebots und der Inventarerrichtung |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 5 InsO |
vom Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker begründete Verbindlichkeiten |
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§ 324 Abs. 1 Nr. 6 InsO |
Ansprüche eines Nachlasspflegers, Testamentsvollstreckers oder vorläufigen Erben gegen endgültige Erben |
2. |
§ 38 InsO |
nichtnachrangige Gläubiger, z.B. Mitgliedsrechte von Gesellschaften, Ansprüche aus insolvenznahen Sozialplan, Nachteilsausgleichsansprüche aus § 113 BetrVG, Schadensersatzansprüche wegen Verdienstausfalls |
(3.–7.) |
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nachrangige Gläubiger gem. § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO |
3. |
§ 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO |
seit Eröffnung laufende Zinsen |
4. |
§ 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO |
Teilnahmekosten der Insolvenzgläubiger am Verfahren |
5. |
§ 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO |
Geldstrafen/-bußen u. dgl. |
6. |
§ 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO |
Forderungen auf unentgeltliche Zuwendung |
7. |
§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO |
Forderungen auf Rückgewähr kapitalersetzender Darlehen |
8. |
§ 39 Abs. 2 InsO |
Gläubiger des § 39 Abs. 2 InsO (bei vereinbartem Nachrang) |
9. |
§ 1973 Abs. 1 S. 2 BGB |
infolge Aufgebots ausgeschlossene Gläubiger (§ 1973 Abs. 1 S. 2 BGB) und von der Verschweigungseinrede betroffene Gläubiger (§ 1974 BGB) |
10. |
§ 327 Abs. 1 Nr. 1 InsO |
Pflichtteilsansprüche gem. § 327 Abs. 2 InsO, ebenso Vermächtnisse nach § 2307 BGB |
11. |
§ 327 Abs. 1 Nr. 2 InsO |
Vermächtnisansprüche, Verbindlichkeiten aus Auflagen |
Rz. 162
Bei Masseunzulänglichkeit greift die Rangordnung des § 209 InsO, Masseverbindlichkeiten gem. § 324 InsO haben den Rang gem. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO (§ 324 Abs. 2 InsO).
Rz. 163
Die rangmäßig auf gleicher Stufe stehenden Gläubiger werden verhältnismäßig befriedigt, §§ 39 Abs. 1, 327 Abs. 1 InsO.
Rz. 164
Der Verwalter verteilt die Teilungsmasse durch Abschlagsverteilung nach dem Prüfungstermin unter Berücksichtigung der gem. § 189 Abs. 1 und 2 InsO zurückbehaltenen Anteile zu dem gem. § 195 InsO bestimmten Bruchteil. Zur Schlussverteilung und Nachtragsverteilung siehe §§ 196, 179 ff., 189 Abs. 2, 203 InsO. Ein eventuell sich ergebender Überschuss ist an die Erben herauszugeben (§ 199 InsO). Die Teilungsmasse wird bereichert durch den Vermögenzufluss aus anfechtbaren Rechtshandlungen.
Rz. 165
Die Anmeldung einer Forderung im Aufgebotsverfahren macht die Anmeldung im Insolvenzverfahren nicht entbehrlich.
Rz. 166
Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erben kann der Gläubiger, dem beide Vermögensmassen haften, seinen Anspruch im Verfahren über das Eigenvermögen nur anmelden, soweit er im Nachlassinsolvenzverfahren ausgefallen ist, § 331 i.V.m. § 52 InsO.