Rz. 114
Gem. § 1 Abs. 1 BerHG wird Beratungshilfe nur gewährt, wenn alle drei nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
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Der Rechtsuchende kann die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen. |
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Es dürfen dem Ratsuchenden keine anderen zumutbaren Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ein kostenlos arbeitender Anwalt gehört jedoch nicht zu den zumutbaren Hilfsmöglichkeiten, auf die verwiesen werden kann, § 1 Abs. 2 S. 2 BerHG. Das bedeutet, dass ein Rechtsuchender einen Anwalt seiner Wahl aufsuchen darf und nicht auf einen bekanntermaßen kostenfrei arbeitenden anderen Anwalt verwiesen werden kann. |
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Die Inanspruchnahme der Beratungshilfe darf nicht mutwillig sein. |
a) Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BerHG
Rz. 115
In § 1 Abs. 2 BerHG wird zur Konkretisierung der Frage, wann denn der Rechtsuchende nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Mitteln nicht in der Lage ist, die erforderlichen Mittel aufzubringen, auf die Vorschriften der Prozesskostenhilfe nach der ZPO verwiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe sollen dann vorliegen, wenn auch PKH ohne einen eigenen Beitrag des Antragstellers in der Angelegenheit zu gewähren wäre (vgl. dazu oben Rdn 17 ff.). Dabei sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 4 Abs. 4 S. 1 BerHG). Das Gericht kann Erhebungen anstellen und Auskünfte einholen (§ 4 Abs. 4 S. 2 BerHG); Zeugen und Sachverständige werden jedoch nicht vernommen (§ 4 Abs. 4 S. 3 BerHG). Das Gericht kann allerdings vom Rechtsuchenden verlangen, dass er seine Angaben eidesstattlich versichert (§ 4 Abs. 4 S. 1 BerHG). Hierauf ist insbesondere der Mandant hinzuweisen, bei dem man das Gefühl hat, dass er es mit seinen Angaben nicht allzu genau nimmt.
Rz. 116
Sollten die Kosten für den Antragsteller bspw. von einer Rechtsschutzversicherung übernommen werden, liegen die Voraussetzungen einer Gewährung von Beratungshilfe nicht vor.
b) Andere zumutbare Hilfsmöglichkeiten i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG
Rz. 117
Andere zumutbare Hilfsmöglichkeiten i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG sind etwa kommunale öffentliche Rechtsauskunftsstellen, wie sie z.B. in Lübeck und Kiel, aber auch in vielen anderen Städten bestehen, weiter die Mietervereine für deren Mitglieder, allgemein Behörden, soweit ihnen kraft Gesetzes Auskunftspflichten obliegen, was insbesondere (aber nicht ausschließlich) auf dem Gebiet des Sozialrechts der Fall ist. So hat ein Gericht einem Antragsteller mit der Begründung Beratungshilfe verwehrt, dass die Beratungshilfe nicht dazu da sei, "dem Antragsteller lästige Behördengänge zu ersparen".
Rz. 118
Für Hamburg und Bremen tritt an die Stelle der Beratungshilfe die eingeführte öffentliche Rechtsberatung (ÖRA), vgl. dazu § 12 Abs. 1 BerHG. In Berlin ist ebenfalls eine solche Stelle eingerichtet. Hier kann der Rechtsuchende jedoch entscheiden, ob er die öffentliche Rechtsberatung wahrnehmen möchte oder aber nach dem Beratungshilfegesetz einen Antrag stellt.
c) Mutwillige Wahrnehmung der Rechte i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG
Rz. 119
Von einer mutwilligen Wahrnehmung der Rechte kann nur in Ausnahmefällen gesprochen werden, etwa dann, wenn der Antragsteller eine bereits erteilte rechtsanwaltliche Auskunft von einem anderen Rechtsanwalt überprüfen lassen möchte. Der Begriff der Mutwilligkeit wird konkret in § 1 Abs. 2 BerHG wie folgt definiert:
Mutwilligkeit liegt vor, wenn Beratungshilfe in Anspruch genommen wird, obwohl ein Rechtsuchender, der keine Beratungshilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände der Rechtsangelegenheit davon absehen würde, sich auf eigene Kosten rechtlich beraten oder vertreten zu lassen. Bei der Beurteilung der Mutwilligkeit sind die Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers sowie seine besondere wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen.
Rz. 120
Bei der Frage, ob eine Inanspruchnahme der Beratungshilfe mutwillig erscheint, ist ein Vergleich zwischen dem bedürftigen Rechtsuchenden und dem verständigen Selbstzahler vorzunehmen. Dabei ist jedoch ein individueller Maßstab zugrunde zu legen. Denn der ggf. sozial schwache und wenig gebildete bedürftige Rechtsuchende soll gegenüber dem Durchschnittsbürger nicht benachteiligt sein.
Rz. 121
Mutwilligkeit kann z.B. vorliegen, wenn
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keine gebotene Eigeninitiative vom Rechtsuchenden ergriffen wird oder z.B. |
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wiederholt Anträge in derselben Angelegenheit gestellt werden (Einholung einer dritten Meinung). |