1. Antrag und Antragsform
Rz. 109
Beratungshilfe wird nur auf einen diesbezüglichen Antrag hin gewährt (§ 1 Abs. 1 BerHG). Der Antrag kann gem. § 4 Abs. 2 BerHG mündlich oder schriftlich bei dem für die Entscheidung über die Gewährung von Beratungshilfe zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird, ist anzugeben. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsuchenden sind glaubhaft zu machen. Wirkt der nicht entsprechend der gesetzlichen Vorgaben mit, kann ihm bereits aus diesem Grund die Beratungshilfe versagt werden.
Rz. 110
Sofern der Antrag schriftlich gestellt wird, ist das vom Bundesjustizminister gem. § 11 BerHG eingeführte Formular zu verwenden (siehe Rdn 113) Sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe gegeben und wird die Angelegenheit nicht durch das Amtsgericht erledigt, stellt das Amtsgericht dem Rechtsuchenden unter genauer Bezeichnung der Angelegenheit einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe durch eine Beratungsperson seiner Wahl aus, § 6 Abs. 1 BerHG.
Rz. 111
Neben der Antragsmöglichkeit bei Gericht besteht für den Ratsuchenden aber auch die Möglichkeit, sich wegen der Gewährung von Beratungshilfe unmittelbar an einen Rechtsanwalt zu wenden und einen Antrag auf nachträgliche Beratungshilfe zu stellen, § 6 Abs. 2 S. 1 BerHG. In diesem Fall muss der Antrag jedoch gem. § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Beginn der Beratungstätigkeit gestellt werden. Es ist also nicht ratsam, mit der nachträglichen Antragstellung zu warten, bis die Sachbearbeitung abgeschlossen ist und Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe gleichzeitig mit dem Festsetzungsantrag bei Gericht einzureichen, um einen Arbeitsgang zu sparen.
Rz. 112
Gemäß § 4 Abs. 6 BerHG kann der Rechtsanwalt (oder eine andere Beratungsperson) in den Fällen nachträglicher Antragstellung vor Beginn der Beratungshilfe verlangen, dass der Rechtsuchende seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse belegt und erklärt, dass ihm in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch durch das Gericht versagt worden ist, und dass in derselben Angelegenheit kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war. Der Anwalt sollte sich die Erklärung des Auftraggebers unterschreiben lassen, denn die Folge einer fehlerhaften Erklärung und der dann erfolgenden Ablehnung ist, dass der Anwalt einen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegen seinen Auftraggeber hat, wenn er ihn zuvor auf diese Folge hingewiesen hat, § 8a Abs. 4 BerHG. Zwar fordert § 8a Abs. 4 BerHG den Vergütungshinweis nicht in Textform (§ 126b BGB) wie § 6a Abs. 2 Nr. 2 BerHG; es ist aber empfehlenswert, den erteilten Hinweis auf diese Weise zu dokumentieren.
Rz. 113
Muster: Antrag auf Beratungshilfe
(Mit freundlicher Genehmigung der Hans Soldan GmbH, Dienste für Anwälte, Bocholder Str. 259, 45356 Essen)
2. Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe
Rz. 114
Gem. § 1 Abs. 1 BerHG wird Beratungshilfe nur gewährt, wenn alle drei nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
▪ |
Der Rechtsuchende kann die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen. |
▪ |
Es dürfen dem Ratsuchenden keine anderen zumutbaren Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ein kostenlos arbeitender Anwalt gehört jedoch nicht zu den zumutbaren Hilfsmöglichkeiten, auf die verwiesen werden kann, § 1 Abs. 2 S. 2 BerHG. Das bedeutet, dass ein Rechtsuchender einen Anwalt seiner Wahl aufsuchen darf und nicht auf einen bekanntermaßen kostenfrei arbeitenden anderen Anwalt verwiesen werden kann. |
▪ |
Die Inanspruchnahme der Beratungshilfe darf nicht mutwillig sein. |
a) Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BerHG
Rz. 115
In § 1 Abs. 2 BerHG wird zur Konkretisierung der Frage, wann denn der Rechtsuchende nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Mitteln nicht in der Lage ist, die erforderlichen Mittel aufzubringen, auf die Vorschriften der Prozesskostenhilfe nach der ZPO verwiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe sollen dann vorliegen, wenn auch PKH ohne einen eigenen Beitrag des Antragstellers in der Angelegenheit zu gewähren wäre (vgl. dazu oben Rdn 17 ff.). Dabei sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 4 Abs. 4 S. 1 BerHG). Das Gericht kann Erhebungen anstellen und Auskünfte einholen (§ 4 Abs. 4 S. 2 BerHG); Zeugen und Sachverständige werden jedoch nicht vernommen (§ 4 Abs. 4 S. 3 BerHG). Das Gericht kann allerdings vom Rechtsuchenden verlangen, dass er seine Angaben eidesstattlich versichert (§ 4 Abs. 4 S. 1 BerHG). Hierauf ist insbesondere der Mandant hinzuweisen, bei dem man das Gefühl hat, dass er es mit seinen Angaben nicht allzu genau nimmt.
Rz. 116
Sollten die Kosten für den Antragsteller bspw. von einer Rechtsschutzversicherung übernommen werden, liegen die Voraussetzungen einer Gewährung von Beratungshilfe nicht vor.
b) Andere zumutbare Hilfsmöglichkeiten i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG
Rz. 117
Andere zumutbare Hilfsmöglichkeiten i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG sind etwa kommunale öffentliche Rechtsauskunftsstellen, wie sie z.B. in Lübeck und Kiel, aber auch in viel...