Rz. 62
Man bewegt sich bei der Schadenregulierung im Rahmen der Schätzung (§ 287 ZPO). Tabellen bieten dabei nur einen Anhaltspunkt für die letztlich grobe Daumenschätzung und führen nicht – was nicht immer deutlich genug gesehen wird – zu einer exakten, auf x Stellen hinter dem Komma zutreffenden Schadenbestimmung. Bereits von daher sind Arbeitswert-Tabellen nicht entweder nur der Tötung oder nur der Verletzung zwecks Schadenbestimmung zugewiesen: Sowohl die Tabelle 1 wie auch die Tabelle 8 bei Schulz-Borck/Hofmann geben den Einstieg in die grobe Schätzung des möglichen Zeitbedarfes, nicht aber den auf den jeweiligen Fall exakt zutreffenden Wert jeweils nur für Tötung oder Verletzung.
Rz. 63
Die Tabellen von Schulz-Borck/Hofmann (und zwar in der 6. Aufl.)[54] bieten eine vom BGH[55] gebilligte Schätzungsgrundlage gemäß § 287 ZPO. Der BGH macht keine Vorgaben für bestimmte Tabellenwerke oder deren Bestandteile; er hat auch keine Entscheidung im "Tabellenstreit" getroffen noch hätte er eine solche Entscheidung revisionsrechtlich überhaupt treffen können.[56] Der BGH setzt im Rahmen von § 287 ZPO nicht eine eigene, an bestimmten Tabellen orientierte Ermessenentscheidung an die Stelle des Tatrichter, sondern prüft revisionsrechtlich nur, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadenbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.[57]
Rz. 64
Allerdings ist das Bewusstsein erforderlich, dass jedes Tabellenwerk – aber auch die Sachverständigeneinschätzung, soweit sie ebenfalls auf Statistiken zurückgreift[58] – nur eine grobe Datenbasis, zudem nicht aus jüngerer Zeit, zur Verfügung hat und daher nur eine sehr grobe Richtlinie – worauf auch Schulz-Borck[59] selbst hinweist – bieten kann. Dieses gilt insbesondere für die Schadenschätzung, wenn diese mit pseudomathematischer Exaktheit mit 1 oder 2 Stellen hinter dem Komma zu "cent-genauen" Ergebnissen kommt. Schulz-Borck[60] weist auf die Ungenauigkeiten in der Datenerfassung hin: Aufgliederungen für Haushaltsmitglieder nach Wohnungs- und sogar nach Ortgrößen stoßen an die Grenzen wissenschaftlicher Aussagekraft; gleichwohl betont Schulz-Borck zutreffend das Bedürfnis der Praxis nach vereinfachter Typisierung unter Pauschalierung.
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