Rz. 92

Der Geschädigte muss ausreichende Anknüpfungstatsachen für die begehrte Feststellung durch den Sachverständigen vortragen.[99] An die Darlegung der konkreten Anhaltspunkte für die Schadensermittlung dürfen jedoch wegen der Schwierigkeiten, welche die Darstellung der hypothetischen Entwicklung eines Geschäftsbetriebes bereitet, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.[100] Ein Tatrichter darf sich allerdings auch nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen seiner Aufgabe, auf der Grundlage der § 252 BGB, § 287 ZPO eine Schadenermittlung vorzunehmen, entziehen.[101]

 

Rz. 93

Die Parteien sind im Rahmen der § 252 BGB, § 287 ZPO gehalten, Unterlagen beizubringen, Anhaltspunkte vorzutragen sowie die für die Wahrscheinlichkeitsprüfung und die Schätzung beachtlichen Aspekte darzulegen.[102] Legt der Geschädigte notwendige Belege für die Schadenschätzung nicht vor, scheidet regelmäßig eine Schadenschätzung aus.[103]

 

Rz. 94

Es ist durchaus zulässig, den entgangenen Gewinn durch ein selbstständiges Beweisverfahren (§ 485 II 1 Nr. 3 ZPO) festzustellen.[104]

 

Rz. 95

Kann ein Geschädigter zurzeit den Beweisnicht führen, ist ihm gleichwohl die Feststellungsklage verwehrt. Ein Schadenposten, der Gegenstand einer bezifferten Leistungsklage sein kann, kann nicht in identischem Umfange zugleich (auch nicht hilfsweise) Gegenstand eines Feststellungsantrags sein; über den Schadenposten ist vielmehr abschließend (mit der Rechtskraft des § 322 ZPO) im Rahmen eines Leistungsantrages im positiven oder negativen Sinne zu entscheiden.[105]

[99] BGH v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08 – DAR 2010, 82 = MDR 2010, 39 = NJW-RR 2010, 946 = NJW-Spezial 2010, 10 = NZV 2010, 22 = r+s 2010, 79 = SP 2010, 10 = VersR 2010, 133 = VRS 118, 113 = zfs 2010, 148; AG Solingen v. 30.4.2010 – 10 C 489/09 – SP 2010, 363 (Mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen kann der entgangene Gewinn auch nicht auf die Weise geschätzt werden, dass das Gericht von dem in der Aufstellung verzeichneten Umsatz einen pauschalen Abschlag für die Betriebsausgaben vornimmt. Voraussetzung für eine Schätzung wäre, dass die Umsätze in der Vergangenheit eine gewisse Konstanz aufweisen. Denn § 252 BGB setzt voraus, dass dieser Gewinn auch für die Zeit des Arbeitsausfalls mit Wahrscheinlichkeit erzielt worden wäre. Die Aufstellung verzeichnet jedoch erhebliche Schwankungen des monatlichen Umsatzes.).
[100] BGH v. 6.7.1993 – VI ZR 228/92 – DAR 1993, 429 = NJW 1993, 2673 = NZV 1993, 428 = r+s 1993, 378 = VersR 1993, 1284 = zfs 1993, 335; KG v. 26.7.2001 – 12 U 1529/00 – BeckRS 2009, 24891 = juris.
[101] BGH v. 5.10.2010 – VI ZR 186/08 – FamRZ 2010, 1977 (nur Ls.) = GesR 2010, 685 = MDR 2010, 1381 = NJW-Spezial 2010, 715 = r+s 2010, 528 = VersR 2010, 1607, BGH v. 26.7.2005 – X ZR 134/04 – BauR 2005, 1922 = MDR 2006, 320 = NJW 2005, 3348 = VersR 2006, 131 = WM 2005, 2303.
[102] BGH v. 5.10.2010 – VI ZR 186/08 – FamRZ 2010, 1977 (nur Ls.) = GesR 2010, 685 = MDR 2010, 1381 = NJW-Spezial 2010, 715 = r+s 2010, 528 = VersR 2010, 1607, BGH v. 5.4.2005 – VI ZR 21/03 – BeckRS 2005, 05205 (Trotz mehrfacher Aufforderung durch das OLG hatte ein selbstständiger Bauunternehmer seinen Steuerberater nicht von der Schweigepflicht entbunden, sondern wollte stattdessen seinen Verdienstausfall abstrakt berechnen); BGH v. 14.12.1998 – II ZR 330/97 – JZ 1999, 848 = MDR 1999, 434 = NJW 1999, 954 = VersR 2000, 369 = WM 1999, 610 = zfs 1999, 279; BGH v. 3.3.1998 – VI ZR 385/96 – DAR 1998, 231 = EWiR 1998, 393 (Anm. Grunsky) = MDR 1998, 595 = NJW 1998, 1634 = NZV 1998, 279 = r+s 1998, 196 = SP 1998, 241 = VersR 1998, 772 = zfs 1998, 210; BGH v. 28.2.1996 – XII ZR 186/94 – NJW-RR 1996, 1077 = WM 1996, 1270; BGH v. 9.6.1970 – VI ZR 155/68 – VersR 1970, 860; OLG Celle v. 15.5.2007 – 14 U 56/06 – OLGR 2007, 505 = SVR 2008, 219 (Anm. Jokisch) = VRR 2007, 322 (nur Ls.), OLG Karlsruhe v. 25.3.1988 – 10 U 128/87 – r+s 1988, 136 = VersR 1988, 1164 (Auch im Rahmen der Beweiserleichterungen kann eine selbstständige Handelsvertreterin verpflichtet sein, Einkommensteuererklärungen und -bescheide für die 3 vor dem Unfall liegenden Jahre dem Gericht vorzulegen. Dieses gilt auch bei gemeinsamer Steuerveranlagung mit dem Ehegatten [BGH v. 13.4.1983 – IVb ZR 374/81 – FamRZ 1983, 680].); OLG Köln v. 4.3.1993 – 12 U 138/92 – zfs 1993, 261 = VRS 85, 262; LG Hildesheim v. 26.11.1999 – 7 S 173/99 – SP 2000, 54 (bestätigendes Berufungsurteil zu AG Burgdorf SP 1999, 382); BAG v. 27.1.1972 – 2 AZR 172/71 – DB 1972, 1299 = NJW 1972, 1437 = VersR 1972, 870 (nur Ls.).
[103] BGH v. 5.5.1970 – VI ZR 212/68 – BB 1970, 862 = BGHZ 54, 45 = DB 1970, 1264 = JuS 1970, 586 = JZ 1971, 371 (Anm. Lieb JZ 1971, 358) = MDR 1970, 752 = NJW 1970, 1411 = VersR 1970, 766 = VRS 39, 163; KG v. 16.1.1997 – 12 U 6048/95 – juris; OLG Frankfurt v. 16.12.1998 – 23 U 55/98 – zfs 1999, 516.
[104] BGH v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08 – DAR 2010, 82 = MDR 2010, 39 = NJW-RR 2010, 946 = NJW-Spezial 2010, 10 = NZV 2010, 22 = r+s 2010, 79 = SP 2010, 10 ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?