Rz. 84
In aller Regel rechnet der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers nach Abschluss der Angelegenheit seine Gebühren mit dem Rechtsschutzversicherer ab. Handelte es sich um einen für den Versicherungsnehmer erfolgreich beendeten Prozess, wird anschließend der Kostenfestsetzungsbeschluss ergehen, und der Rechtsanwalt vollstreckt in aller Regel aus dem Urteil und dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist aber problematisch, weil ein Anspruch vollstreckt wird, der dem Gläubiger (Versicherungsnehmer) nicht mehr zusteht, da er auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist.
Rz. 85
Nach einem Teil der Rechtsprechung soll der Versicherungsnehmer mit Ermächtigung durch den Rechtsschutzversicherer den ihm nicht mehr zustehenden Kostenerstattungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen und vollstrecken können. Dies erscheint allerdings bei genauerer Betrachtung der Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft zwar als verständlicher, jedoch dogmatisch kaum überzeugender Versuch, sich hinsichtlich des bisher nicht gelösten Problems der gerichtlichen Geltendmachung von auf den Rechtsschutzversicherer übergegangenen Kosten durch den Versicherungsnehmer zu behelfen. Denn das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse des Versicherungsnehmers dürfte in Anbetracht des Forderungsübergangs nicht gegeben sein. Soweit ein Rechtsschutzinteresse des Versicherungsnehmers darin erblickt wird, dass dieser "im Hinblick auf die zukünftige Fortdauer des Rechtsschutzversicherungsvertrages seinen Vertrag nach Möglichkeit “schadenfrei‘ halten will, um eine etwaige Kündigung durch seine Rechtsschutzversicherung möglichst auszuschließen", übersieht diese Auffassung, dass sowohl die Kündigungsmöglichkeit nach § 13 Abs. 2 ARB als auch die Kündigungspraxis regelmäßig von der Zahl der Versicherungsfälle (Schadenhäufigkeit) ausgehen. Demgegenüber spielt die Frage, ob es in einem Schadenfall letztlich zu Kostenerstattungen gekommen ist, nicht die entscheidende Rolle.
Rz. 86
Wegen der nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG nur noch teilweisen Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG auf die gerichtlichen Verfahrensgebühren kann sich das Problem regelmäßig bereits im Klageverfahren stellen. Dies ist dann der Fall, wenn die Geschäftsgebühr als vorgerichtliche Kosten geltend gemacht wird, obwohl die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit bereits gegenüber dem Rechtsschutzversicherer abgerechnet wurden und der entsprechende Erstattungsanspruch daher bereits auf diesen übergegangen ist. Rügt nun der Gegner, welcher vom Bestehen einer Rechtsschutzversicherung Kenntnis hat, fehlende Aktivlegitimation des Versicherungsnehmers, behilft sich die Praxis alternativ zu der bereits dargestellten gewillkürten Prozessstandschaft mit einer Rückabtretung der kraft Gesetzes übergegangenen Forderung an den Versicherungsnehmer. Hierzu ist der Rechtsschutzversicherer in der Regel bereit, da auch er kein Interesse an einer Klagabweisung mangels Aktivlegitimation hat. Dennoch handelt es sich auch hierbei nur um eine behelfsmäßige Lösung, da trotz Rückabtretung Kostennachteile entstehen können, z.B. wenn der Gegner nach Vorlage der Abtretungserklärung wegen des dadurch erst schlüssigen Anspruchs die Forderung insoweit gem. § 93 ZPO sofort anerkennt.