Rz. 330
Vertritt der rechtsschutzversicherte Rechtsanwalt sich selbst, stellt sich die Frage, ob der Rechtsschutzversicherer dem Rechtsanwalt Gebühren zu erstatten hat. Die überwiegende Rechtsprechung lehnt einen solchen Gebührenanspruch ab, wenn es um die eigene Verteidigung im Strafverfahren oder in Bußgeldverfahren geht. Diese Ansicht erscheint vor dem Hintergrund als zutreffend, dass der Beschuldigte eines Strafverfahrens niemals zugleich sein eigener – in der StPO als Beteiligter des Verfahrens mit eigenen Rechten ausgestatteter – Verteidiger sein kann und gem. § 2 i und j ARB lediglich die Kosten der "Verteidigung" versichert sind.
Rz. 331
Ob ein Gebührenanspruch des sich in einer zivilprozessualen Angelegenheit selbst vertretenden Rechtsanwalts gegen seinen Rechtsschutzversicherer besteht, ist streitig. Während die wohl überwiegende Meinung in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass im Zivilrecht die Anwaltskosten in eigener Sache zu erstatten sind, vertritt Bauer seit der 7. Aufl. des Harbauer entgegen der Vorauflage die in letzter Zeit wohl zunehmend vorherrschende gegenteilige Auffassung. Begründet wird dies damit, dass der Anwalt gegen sich selbst keinen Gebührenanspruch haben könne, von dem er freigestellt werden könnte. Bei der Regelung in § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO, wonach der Anwalt bei Tätigkeit in eigener Sache seine eigenen Rechtsanwaltskosten festgesetzt erhält, handele es sich demgegenüber um eine prozessuale Sonderregelung, die nicht übertragbar sei. Dieser eher formalen Argumentation ist nicht zuzustimmen. Zum einen wandelt sich ein Freistellungsanspruch in der Person des Gläubigers zu einem Zahlungsanspruch, so dass der Anwalt bei Tätigkeit in eigener Sache gem. § 5 Abs. 2 a ARB durchaus einen Zahlungsanspruch haben kann. Zum anderen ist die Interessenlage der prozessualen Kostenfestsetzung gem. § 91 ff. ZPO durchaus vergleichbar, da es auch dort grundsätzlich um die Erstattung von dem Mandanten tatsächlich entstandenen Rechtsanwaltskosten geht (ähnlich der Freistellung), die es bei einer Tätigkeit in eigener Sache nicht gibt. Da nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 a ARB Voraussetzung der Kostenerstattung die Tätigkeit "eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes" ist, welche auch bei Tätigkeit in eigener Sache vorliegt, besteht kein Grund, diese vom Kostenschutz auszuschließen. Nunmehr hat der BGH bestätigt, dass die Kosten eines Rechtsanwalts bei einer Selbstvertretung im Zivilrecht versichert sind.
Rz. 332
Hinweis
Keine Tätigkeit des Anwalts in eigener Sache liegt vor, wenn dieser (mit entsprechender Vollmacht) seine eigene Sozietät mit der Interessenwahrnehmung beauftragt. Da seit langer Zeit die Teilrechtsfähigkeit auch der GbR (inzwischen seit dem 1.1.2024 sogar die Möglichkeit der Eintragung im Register) anerkannt ist und bei der Partnerschaftsgesellschaft ohnehin die Gesellschaft selbst gem. § 7 Abs. 2 PartGG Bevollmächtigte ist, nimmt rechtlich die Gesellschaft die Interessen für den Anwalt als betroffene natürliche Person wahr, auch wenn der Anwalt Gesellschafter oder Partner ist. Daher dürfte die Problematik des "Anwalts in eigener Sache" allein bei Einzelanwälten von Bedeutung sein.
Rz. 333
Soweit gelegentlich darauf hingewiesen wurde, die Umsatzsteuer sei bei Tätigkeit des Anwalts in eigener Sache nicht vom Rechtsschutzversicherer zu erstatten, ist dies in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Die Umsatzsteuer ist dann zu erstatten, wenn steuerrechtlich ein umsatzsteuerpflichtiger Umsatz vorliegt. Dies ist bei privaten Angelegenheiten regelmäßig der Fall (Eigenverbrauch/Privatentnahme einer anwaltlichen Leistung). Da eine Rechtsschutzdeckung für den beruflichen Bereich wegen des dort nicht versicherbaren Vertrags-Rechtsschutzes eher selten sein dürfte, ist die Erstattungspflicht auch hinsichtlich der Umsatzsteuer der Regelfall bei Tätigkeit in eigener Sache.