Rz. 6
Die Rechtsschutzversicherung ist – wie viele andere Versicherungszweige auch – im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vom 30.5.1908 nicht ausführlich geregelt. Im Jahre 1990 wurden lediglich in Erfüllung einer EG-Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung vom 22.6.1987 die §§ 126–129 (§§ 158l–158 o VVG a.F.) in das VVG eingefügt, die aber über wichtige Grundsätze – wie etwa § 127 VVG (§ 158m VVG a.F.), der die freie Rechtsanwaltswahl durch den Versicherungsnehmer gewährleistet – nicht hinausgehen. Im Rahmen der Reform des VVG 2008 ist über die bisherigen vier Paragraphen hinaus zusätzlich § 125 VVG aufgenommen worden, der jedoch lediglich eine allgemeine Definition der Rechtsschutzversicherung enthält.
Rz. 7
Allein aufgrund der gesetzlichen Regelungen kann ein für die Praxis tauglicher Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht abgeschlossen werden. Die gesetzlichen Grundlagen erfordern eine Ausfüllung durch Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB). Nach früherem Recht bedurften AVB als Teil des Geschäftsplanes (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 VAG a.F.) der Genehmigung durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (§ 5 Abs. 1 VAG a.F.). Auch die Änderung von AVB war genehmigungspflichtig (§ 13 Abs. 1 S. 1 VAG a.F.). Durch das Dritte Durchführungsgesetz/EWG zum VAG vom 21.7.1994 entfiel diese Genehmigungspflicht per 29.7.1994. Vor diesem Stichtag verwendeten die Rechtsschutzversicherer einheitlich die vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) genehmigten ARB 75; auch die ARB 94 waren noch vor dem 1.7.1994 vom BAV genehmigt worden. Seit dem 30.7.1994 sind die Versicherer, also auch die Rechtsschutzversicherer, in der Formulierung ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen frei. Schranken bilden nur die Gesetze, vor allem §§ 305–310 BGB.
Rz. 8
Im Bereich der Rechtsschutzversicherung ist von folgender Situation auszugehen: Den bestehenden Rechtsschutzversicherungsverträgen liegen zum Teil noch die ARB 75, vor allem jedoch die ARB 94 zugrunde. Genaue Zahlen über ihr Verhältnis gibt es nicht. Die früheren ARB 54 und ARB 69 sind inzwischen ohne Bedeutung. Die ARB 94 (Stand: Januar 1995) wurden noch vom Verband der Schadenversicherer e.V. (jetzt: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., abgekürzt: GDV) als Musterbedingungen behandelt und empfohlen. Die ARB 94 sind inzwischen geändert und werden seit Oktober 1999 vom GDV in regelmäßig aktualisierter Fassung als Musterbedingungen (ARB 2000) den Rechtsschutzversicherern empfohlen. Die ARB 2000 stellen somit lediglich eine Weiterentwicklung der ARB 94 mit verhältnismäßig wenigen Änderungen dar. Im Rahmen der Reform des VVG sind die ARB 2008 eingeführt worden, welche zunächst lediglich eine Anpassung der ARB 2000 an die neuen Regelungen des VVG 2008 darstellten. Allerdings werden vom GDV seit den ARB 2008 in regelmäßigen Abständen auch innerhalb derselben Jahreszahl Aktualisierungen veröffentlicht, welche durch den "Stand" gekennzeichnet werden (z.B. ARB 2008, Stand: Juli 2007; ARB 2008, Stand: September 2008). Zudem werden inzwischen nahezu jährlich neue ARB-Fassungen geschaffen, so gibt es zwischen den in der Überschrift genannten ARB 2008 und ARB 2010 auch ARB 2009, die allerdings keine so grundlegenden Neuerungen enthalten. Erst mit den ARB 2010 sind wesentliche Änderungen erfolgt, auf die jeweils hingewiesen wird. Zu den ARB 2012 mit vollständig neuer Gliederungssystematik (Nummernsystem statt §§) und einem Aufbau nach Bausteinen für die einzelnen Rechtsschutzarten wird zusammenfassend auf die Übersichten von Maier, Hering und Bauer hingewiesen. Zuletzt sind nach regelmäßigen zwischenzeitlichen Neuveröffentlichungen mit verhältnismäßig geringen Veränderungen vom GDV die ARB 2021 (Stand: August 2022) veröffentlicht worden. Diese nur für Neuverträge in Betracht kommenden ARB sind im Bereich der Leistungsfälle erst langsam präsent. Gleichwohl werden jedoch bereits die entsprechenden Vorschriften der ARB 2012 zum leichteren Auffinden in der jeweiligen Überschrift genannt und es wird auf wichtige Änderungen hingewiesen.
Rz. 9
Im Download sind die ARB 2021, Stand August 2022, sowie die ARB 2008 in der Fassung der GDV-Musterbedingungen, Stand Juli 2007, zu finden. Für die Fassungen der ARB 75 (ohne Anhang), ARB 94 und ARB 2012 wird auf die 6. Aufl. und den Download verwiesen. Für die vollständigen Fassungen der ARB 75 (mit Standardklauseln) und ARB 2000 wird auf die 4. Aufl., für die Fassung der ARB 2010 auf die 5. Aufl. verwiesen.
Rz. 10
Redaktioneller Hinweis
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich, wenn nichts anderes vermerkt ist, auf die ARB 94. Soweit geboten, wird aber auf Abweichungen der ARB 75, ARB 2000, ARB 2008, ARB 2010 und ARB 2012 hingewiesen. Zu typischen Leistungserweiterungen außerhalb der GDV-Musterbedingungen vgl. Schneider.