1. Allgemeines
Rz. 81
Der für die gesamte Schadensversicherung geltende Forderungsübergang, den § 86 VVG vorsieht, wird für die Rechtsschutzversicherung in § 17 Abs. 8 ARB (Nr. 4.1.8 ARB 2012; § 20 Abs. 2, 3 ARB 75) wiederholt und etwas erweitert. Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen andere auf Erstattung von Kosten, die der Rechtsschutzversicherer getragen hat, gehen mit ihrer Entstehung auf den Rechtsschutzversicherer über (§ 17 Abs. 8 S. 1 ARB). Hat der "andere" bereits an den Versicherungsnehmer geleistet, ist dieser zur Rückerstattung an den Rechtsschutzversicherer verpflichtet (§ 17 Abs. 8 S. 3 ARB; Nr. 4.1.9 ARB 2012; § 20 Abs. 2 S. 2 ARB 75). Das in den genannten Bestimmungen nicht erwähnte Privileg der häuslichen Gemeinschaft gem. § 86 Abs. 3 VVG (früher: Familienprivileg des § 67 Abs. 2 VVG a.F.) gilt trotzdem, da von ihm zu Lasten des Versicherungsnehmers nicht abgewichen werden kann (§ 87 VVG). Bei den auf den Rechtsschutzversicherer übergehenden Ansprüchen des Versicherungsnehmers handelt es sich vor allem um Ansprüche auf Kostenerstattung gegen den unterlegenen Prozessgegner oder die Staatskasse, auf Rückerstattung nicht verbrauchter Gerichtskosten und auf Rückzahlung von Gebührenvorschüssen durch den Rechtsanwalt. Auch Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB (frühere pVV) der Gegenpartei können hierunter fallen, etwa wenn der Gegner des Versicherungsnehmers durch eine offensichtlich unzulässige Kündigung eines Mietvertrages Rechtsverteidigungskosten des Versicherungsnehmers ausgelöst hat, die dessen Rechtsschutzversicherer getragen hat.
Hinweis
Auch Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen seinen eigenen Rechtsanwalt aus fehlerhafter Prozessführung o.Ä. gehen auf den Rechtsschutzversicherer über (eine für den Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers häufig sehr überraschende Konsequenz des Forderungsübergangs).
Rz. 82
In einer bemerkenswerten Entscheidung hat der 8. Senat des BGH festgestellt, dass der Rechtsschutzversicherer nach einem selbstständigen Beweisverfahren wegen Mängeln einer Mietsache, welches ohne eine Kostengrundentscheidung geendet hat, berechtigt ist, wegen des auf ihn gem. § 86 VVG übergegangenen Kostenerstattungsanspruchs im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft eine Feststellungsklage zu erheben, wonach der Vermieter zur Mängelbeseitigung verpflichtet war. Die Kostengrundentscheidung dieser Feststellungsklage erfasst sodann auch die Kosten des vorangegangenen selbstständigen Beweisverfahrens und ermöglicht dem Rechtsschutzversicherer sodann, auch die ihm dort entstandenen Kosten (im eigenen Namen) festsetzen zu lassen.
Rz. 83
Streitig ist, ob der Rechtsanwalt trotz des Anspruchsübergangs auf den Rechtsschutzversicherer mit Honoraransprüchen, die ihm gegen den Versicherungsnehmer aus anderen Mandaten zustehen und für die kein Rechtsschutz besteht, aufrechnen kann. Während eine Aufrechnungsmöglichkeit durch die Rechtsprechung zum Teil abgelehnt wird, ergibt sich diese zwingend aus der Vorschrift des § 406 Alt. 2 BGB und damit aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung, die nicht in Frage zu stellen ist.
2. Aktivlegitimation des Versicherungsnehmers nach Forderungsübergang
Rz. 84
In aller Regel rechnet der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers nach Abschluss der Angelegenheit seine Gebühren mit dem Rechtsschutzversicherer ab. Handelte es sich um einen für den Versicherungsnehmer erfolgreich beendeten Prozess, wird anschließend der Kostenfestsetzungsbeschluss ergehen, und der Rechtsanwalt vollstreckt in aller Regel aus dem Urteil und dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ist aber problematisch, weil ein Anspruch vollstreckt wird, der dem Gläubiger (Versicherungsnehmer) nicht mehr zusteht, da er auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen ist.
Rz. 85
Nach einem Teil der Rechtsprechung soll der Versicherungsnehmer mit Ermächtigung durch den Rechtsschutzversicherer den ihm nicht mehr zustehenden Kostenerstattungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen und vollstrecken können. Dies erscheint allerdings bei genauerer Betrachtung der Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft zwar als verständlicher, jedoch dogmatisch kaum überzeugender Versuch, sich hinsichtlich des bisher nicht gelösten Problems der gerichtlichen Geltendmachung von auf den Rechtsschutzversicherer übergegangenen Kosten durch den Versicherungsnehmer zu behelfen. Denn das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse des Versicherungsnehmers dürfte in Anbetracht des Forderungsübergangs nicht gegeben sein. Soweit ein Rechtsschutzinteresse des Versicherungsnehmers darin erblickt wird, dass dieser "im Hinblick auf die zukünftige Fortdauer des Rechtsschutzversicherungsvertrages seinen Vertrag nac...