I. Örtliche Geltung gem. § 6 ARB bzw. Nr. 5 ARB 2012
Rz. 385
Nach § 6 ARB besteht – über § 3 ARB 75 hinausgehend – Rechtsschutz, soweit die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Europa, den Anliegerstaaten des Mittelmeeres, auf den Kanarischen Inseln oder auf Madeira erfolgt (der Versicherungsfall muss sich also nicht in diesen Gebieten ereignet haben). Weitere Voraussetzung ist, dass ein Gericht oder eine Behörde in diesem Bereich gesetzlich zuständig ist (wenn also dort Klage erhoben wird oder ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wird) oder zuständig wäre, wenn es zu einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren käme.
Rz. 386
Ein nach § 3 ARB 75 strittiges Problem hat sich durch die Neufassung erledigt. § 3 ARB 75 gewährt Versicherungsschutz für Versicherungsfälle, die in Europa und in außereuropäischen Anliegerstaaten des Mittelmeeres eintreten, soweit für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers der Gerichtsstand in diesem Gebiet gegeben ist. Verletzt etwa ein für einen deutschen Arbeitgeber in Asien tätiger Arbeitnehmer dort eine arbeitsvertragsrechtliche Pflicht, was zu einem Prozess vor einem deutschen Arbeitsgericht führt, so wäre nach dem Wortlaut des § 3 ARB 75 kein Versicherungsschutz gegeben. Anders ist die Rechtslage nach § 6 ARB, wonach es keine Rolle mehr spielt, wo sich der Versicherungsfall ereignet hat.
Rz. 387
Der örtliche Geltungsbereich wird in § 6 Abs. 2 ARB 2000/2008/2010 bzw. Nr. 5.2 ARB 2012 zusätzlich erweitert (Fernreisen). Für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches (§ 6 Abs. 1 ARB) trägt hiernach der Versicherer bei Versicherungsfällen, die dort während eines längstens sechs Wochen dauernden Aufenthalts eintreten, der nicht beruflich bedingt ist, die Kosten nach § 5 Abs. 1 ARB bis zu einem zu vereinbarenden Höchstbetrag (gängig etwa 25.000 EUR). Dies gilt jedoch nicht für die Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung von dinglichen Rechten an Grundstücken etc. (§ 6 Abs. 2 S. 2 ARB 2000/2008/2010 bzw. Nr. 5.2 ARB 2012).
II. Leistungen für Versicherungsfälle im Ausland
Rz. 388
Ereignet sich der Versicherungsfall im Ausland, so trägt der Rechtsschutzversicherer gem. § 5 Abs. 1 b S. 1 ARB bzw. Nr. 2.3.2.1 ARB 2012 nach Wahl des Versicherungsnehmers entweder die Gebühren eines ausländischen, am Ort des zuständigen Gerichtes ansässigen Rechtsanwaltes oder eines im Inland zugelassenen Rechtsanwaltes. Im letzteren Fall trägt der Rechtsschutzversicherer die Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung, die entstanden wäre, wenn das Gericht, an dessen Ort der Rechtsanwalt ansässig ist, zuständig wäre (§ 5 Abs. 1 b S. 2 ARB). Letzteres gilt auch, wenn ein deutsches Gericht für den ausländischen Versicherungsfall zuständig ist.
Rz. 389
In aller Regel wird sich der Versicherungsnehmer für die Vergütung des ausländischen Rechtsanwaltes entscheiden, kann er doch in den meisten Fällen nicht beurteilen, in welcher Höhe bei dem ausländischen Rechtsanwalt Gebühren anfallen und ob und in welchem Umfang diese von der Gegenseite übernommen werden müssen. Wohnt der Versicherungsnehmer – wie bei Auslandsfällen regelmäßig – mehr als 100 km Luftlinie vom zuständigen ausländischen Gericht entfernt und ist ein ausländischer Rechtsanwalt für ihn tätig, so übernimmt der Rechtsschutzversicherer zusätzlich die Kosten für einen im Landgerichtsbezirk des Versicherungsnehmers ansässigen Rechtsanwalt, und zwar bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwaltes, der lediglich den Verkehr mit dem ausländischen Rechtsanwalt führt (§ 5 Abs. 1 b S. 3 ARB).
Rz. 390
Im Rahmen einer außergerichtlichen Streitigkeit zahlt der Rechtsschutzversicherer für den deutschen Rechtsanwalt maximal eine 1,0 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG); kommt es zu einem Prozess, übernimmt er die Korrespondenzanwaltsgebühr (Nr. 3400 VV RVG), allerdings nicht beide Gebühren nebeneinander. Bezieht sich die Korrespondenz des deutschen Rechtsanwaltes auf ein im Ausland gegen den Versicherungsnehmer anhängiges Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren, soll der Rechtsschutzversicherer für den deutschen Rechtsanwalt die Gebühren gemäß Nr. 4301 Nr. 3, 5200 VV RVG zu übernehmen haben. Die gebührenrechtliche Entstehung nicht vom Rechtsschutzversicherer zu erstattender Gebühren des in- und ausländischen Rechtsanwalts führt zu einem Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers (vgl. oben Rdn 93).
Rz. 391
Die Rechtslage nach § 2 Abs. 1 a S. 2 ARB 75 ist für den Versicherungsnehmer wesentlich ungünstiger. Gebühren eines inländischen Rechtsanwaltes werden nicht übernommen. Gemäß § 5 Abs. 1 b S. 4 ARB 2010 ist (wie bei den Inlandsfällen) die Kostentragung des zusätzlichen inländischen Verkehrsanwalts auf "die Kosten der I. Instanz" beschränkt. Nach dem Wortlaut wäre daher fraglich, ob auch bereits für die außergerichtliche Regulierung die Kosten des inländischen Verkehrsanwalts übernommen werden. Gemeint ist sicherlich, dass – wie bei den Inlandsfällen – lediglich Verkehrs...