Rz. 167
Beratungs-Rechtsschutz im Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht wird für den Rat oder die Auskunft eines in Deutschland zugelassenen Rechtsanwaltes in familien- und erbrechtlichen Angelegenheiten gewährt, wenn diese nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit des Rechtsanwaltes zusammenhängen (§ 2 k ARB). Dieser Rechtsschutz ist in der Praxis von erheblicher Bedeutung. Man darf allerdings nicht übersehen, dass er einen speziellen Versicherungsfall voraussetzt (§ 4 Abs. 1 b ARB).
Rz. 168
Der Rat oder die Auskunft muss von einem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt erteilt werden. Auch die Kosten eines Notars fallen unter den Versicherungsschutz (§ 5 Abs. 6 a ARB); in der Praxis ist dies aber ohne Bedeutung.
Rz. 169
Nach den ARB 75 (z.B. § 25 Abs. 2 e S. 2) muss auf den Sachverhalt, der dem Rat oder der Auskunft zugrunde liegt, deutsches Recht anwendbar sein. Die Auskunft oder der Rat eines in Deutschland zugelassenen Rechtsanwaltes kann sich nach § 2 k ARB jedoch auch auf ausländisches Recht beziehen. Diese Erweiterung des Rechtsschutzes ist in der Praxis von geringer Bedeutung, da in aller Regel Rechtsanwälte von Auskünften und Beratungen in familien- und erbrechtlichen Angelegenheiten ausländischen Rechtes schon aus Haftungsgründen abzusehen pflegen. § 2 k ARB 2000/2008/2010 erweitert die Leistungsart um die Beratung in lebenspartnerschaftsrechtlichen Angelegenheiten.
Rz. 170
Dieser spezielle Beratungs-Rechtsschutz erlangt seine besondere Bedeutung vor dem Hintergrund des in § 3 Abs. 2 g ARB geregelten allgemeinen Risikoausschlusses für den Bereich des Familien- und Erbrechtes (ARB 2000/2008/2010/2012: zusätzlich des Lebenspartnerschaftsrechts), so dass im Bereich des generell ausgeschlossenen Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrechts Rechtsschutz nur für die Beratung oder Auskunft gewährt wird. Der Begriff "Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht" wird deshalb im Rahmen des Risikoausschlusses erörtert (siehe Rdn 208 f.).
Rz. 171
In vielen inzwischen auf dem Markt befindlichen neueren ARB finden sich Individualklauseln, welche entweder den Beratungs-Rechtsschutz generell auf ein erstes Beratungsgespräch i.S.d. Nr. 2102 VV RVG a.F. oder der Höhe nach mit einem Maximalbetrag beschränken. In § 5 Abs. 1 a S. 2 ARB 2008/2010 und Nr. 2.3.1.2 ARB 2012 ist – dem Wegfall der gesetzlichen Vergütung für die Beratung Rechnung tragend – nunmehr grundsätzlich ein vom Rechtsschutzversicherer individuell zu bestimmender Höchstbetrag vorgesehen (dazu sowie zum Umfang der Leistungspflicht vgl. im Einzelnen Rdn 324).
Rz. 172
Entscheidend ist die Frage, wann der Rat oder die Auskunft des Rechtsanwaltes mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit des Rechtsanwaltes zusammenhängt, da in diesem Fall kein Versicherungsschutz besteht. Voraussetzung für den Rechtsschutz ist, dass dem Rechtsanwalt nur eine Beratungsgebühr (früher gem. Nr. 2100 VV RVG a.F.) zusteht, die nicht gem. § 34 Abs. 2 RVG auf andere Gebühren anzurechnen ist. Kein Rechtsschutz besteht (mehr), sobald die Tätigkeit des Rechtsanwaltes von der Rechtsberatung des Versicherungsnehmers in dessen Rechtsvertretung übergeht. Der Rechtsanwalt darf also einem Dritten gegenüber nicht als Rechtsvertreter des Versicherungsnehmers tätig werden. In einem solchen Fall müsste die Rats- oder Auskunftsgebühr auf die dann später anfallende Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG bzw. die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG grundsätzlich gem. § 34 Abs. 2 RVG angerechnet werden. Es spielt dabei keine Rolle, ob sich der Auftrag des Versicherungsnehmers an den Rechtsanwalt zunächst auf einen Rat/Auskunft bezogen hat und ihm erst danach eine weiter gehende Vollmacht erteilt wird.
Rz. 173
Hinweis
Liegt zwischen der Rats- bzw. Auskunftserteilung und dem weiteren Tätigwerden des Rechtsanwaltes ein erheblicher zeitlicher Abstand, so kann es sich bei der Ratserteilung und der sich anschließenden Rechtsvertretung des Versicherungsnehmers um verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 2, 5 RVG handeln, die eine Anrechnung nach § 34 Abs. 2 RVG nicht mehr rechtfertigen. Der Versicherungsschutz für die bereits entstandene Beratungsgebühr würde dann nicht mehr entfallen. Die Rechtsprechung ist aber streng. Wird der Rechtsanwalt drei Monate nach der Beratung in einer Ehescheidungsangelegenheit mit der Vertretung des Versicherungsnehmers gegenüber dem anderen Ehegatten beauftragt, so ist dieser zeitliche Zusammenhang zu eng, um die Auskunftsgebühr auf die später anfallenden Gebühren nicht anzurechnen; der Rechtsschutzversicherer bleibt wegen der Ratserteilung nicht eintrittspflichtig.
Rz. 174
In Fällen dieser Art könnte die Versuchung nahe liegen, den Rechtsschutzversicherer über Art und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit zu täuschen, etwa dadurch, dass dem Rechtsschutzversicherer gegenüber eine der Rats- und Auskunftserteilung nachfolgende weitere Tätigkeit des Rechtsanwaltes verschwiegen oder in Abrede gestellt wird. Ein solches Vorgehen i...