Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 4
Eher zurückhaltend lassen die Gerichte gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die – wertgrenzenfreie – Revision zu. Laut Statistik des BGH wurden von den Oberlandesgerichten im Jahr 2023 insgesamt 485 Revisionen zugelassen. Eingereicht wurden beim BGH insgesamt 4.157 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden. In 1.700 Fällen wurde die Zulassung abgelehnt und 1.147 Verfahren endeten durch Rücknahme oder durch Verwerfung wegen Unzulässigkeit. Ein Prozess endete durch Prozessvergleich oder nach Rücknahme wegen Verweigerung der Prozesskostenhilfe.
25 Revisionen wurden durch einen Beschluss nach § 552a ZPO oder eine Rücknahme nach ergangenem Hinweis erledigt.
Beim BGH endeten im Jahr 2023 507 Prozesse durch Urteil mit eigener (positiver oder negativer) Sachentscheidung; 84 Revisionen hatten insoweit Erfolg, als dass das Instanzurteil aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde.
Rz. 5
Zwar regelt § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass die Revision zuzulassen ist, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Erfahrungsgemäß wird diese Zulassung aber nicht gerade in einer Angelegenheit erfolgen, wenn die (teilweise) unterlegene Partei dies für wünschenswert hält, sondern eben nur dann, wenn aus Sicht des Gerichts eine generelle Bedeutung gegeben ist, das Recht weiterzuentwickeln oder die Rechtsprechung zu vereinheitlichen ist. Selbst wenn aus Sicht des betroffenen Mandanten Anlass dafür besteht, dementsprechend überzeugend argumentieren zu können, kann er die Zulassung nicht erzwingen. Oftmals bestehen hier Enttäuschungen des Rechtsuchenden, wenn der Eindruck entstanden ist, dass das Gericht eher leichtfertig die weitere Instanz abschneidet, weil es den Rechtsstreit endgültig entscheiden will, sich über die Vorstellungen der Parteien hinwegsetzt und sich nicht durch den BGH kontrollieren oder aufheben lassen will.
Rz. 6
Die Revisionsfrist ist eine Notfrist. Sie beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils (spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung), § 548 ZPO. Die Frist und eine entsprechende Vorfrist sind zu notieren. Weil die Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt gesetzlich vorgeschrieben ist, §§ 78 Abs. 1 S. 3 ZPO, 133 GVG, muss ausreichend Zeit verbleiben, einen Karlsruher Kollegen zu beauftragen.