A. Einleitung

 

Rz. 1

Die Rechtsmittel der Revision, Sprungrevision und Nichtzulassungsbeschwerde sind für den Instanzanwalt meist von untergeordneter Bedeutung.[1] Zurückzuführen sein dürfte dies u.a. auf die Fähigkeit der Gerichte und der Anwälte (gemeinsam mit den Mandanten), einen Rechtsstreit mittels eines Vergleichs oder einer Mediation zu beenden oder bei einer streitigen Beendigung eines Rechtsstreits dem Mandanten ein überzeugendes Urteil erster oder auch zweiter Instanz zu vermitteln.

 

Rz. 2

Obendrein hat der Gesetzgeber die zulassungsunabhängige Wertrevision abgeschafft. Nunmehr greift eine Kombination von Zulassungsrevision und Nichtzulassungsbeschwerde. Jede Revision muss ausdrücklich zugelassen werden, und für die Alternative der Nichtzulassungsbeschwerde muss ein Beschwerdewert von 20.000,00 EUR überschritten werden.

 

Rz. 3

Schließlich ist es für eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausreichend, wenn das Berufungsgericht einfach-rechtlich schlicht falsch entschieden hat.

[1] Außer, wenn die Angelegenheit auf eine dritte Instanz hinausläuft, s.o. unter Berufung/Vorbereitung einer Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde.

B. Revision

 

Rz. 4

Nur höchst selten lassen die Gerichte gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die – wertgrenzenfreie – Revision zu. Laut Statistik des BGH[2] wurden von den Oberlandesgerichten im Jahr 2019 insgesamt 182 Revisionen zugelassen. Eingereicht wurden beim BGH insgesamt 3776 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden. In 2287 Fällen wurde die Zulassung abgelehnt und 1027 Verfahren endeten durch Rücknahme oder durch Verwerfung wegen Unzulässigkeit. Drei Prozesse endeten durch Prozessvergleich oder nach Rücknahme wegen Verweigerung der Prozesskostenhilfe.

30 Revisionen wurden durch einen Beschluss nach § 552a ZPO oder eine Rücknahme nach ergangenem Hinweis erledigt.

Beim BGH endeten im Jahr 2019 489 Prozesse durch Urteil mit eigener (positiver oder negativer) Sachentscheidung. Lediglich 47 Revisionen hatten insoweit Erfolg, als dass das Instanzurteil aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde.

 

Rz. 5

Zwar regelt § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO, dass die Revision zuzulassen ist, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.[3] Erfahrungsgemäß wird diese Zulassung aber nicht gerade in einer Angelegenheit erfolgen, wenn die (teilweise) unterlegene Partei dies für wünschenswert hält, sondern eben nur dann, wenn aus Sicht des Gerichts eine generelle Bedeutung gegeben ist, das Recht weiterzuentwickeln oder die Rechtsprechung zu vereinheitlichen ist. Selbst wenn aus Sicht des betroffenen Mandanten Anlass dafür besteht, dementsprechend überzeugend argumentieren zu können, kann er die Zulassung nicht erzwingen. Oftmals bestehen hier Enttäuschungen des Rechtsuchenden, wenn der Eindruck entstanden ist, dass das Gericht eher leichtfertig die weitere Instanz abschneidet, weil es den Rechtsstreit endgültig entscheiden will, sich über die Vorstellungen der Parteien hinwegsetzt und sich nicht durch den BGH kontrollieren oder aufheben lassen will.

 

Rz. 6

Die Revisionsfrist ist eine Notfrist. Sie beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Berufungsurteils (spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung), § 548 ZPO. Die Frist und eine entsprechende Vorfrist sind zu notieren. Weil die Vertretung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt gesetzlich vorgeschrieben ist, §§ 78 Abs. 1 S. 3 ZPO, 133 GVG, muss ausreichend Zeit verbleiben, einen Karlsruher Kollegen zu beauftragen.

[2] http://www.bundesgerichtshof.de: Service, Statistik, Statistik für die Zivilsenate: Übersicht über den Geschäftsgang bei den Zivilsenaten des BGH im Jahr 2019.
[3] Im Einzelnen s.o. unter Berufung/Vorbereitung einer Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde, § 12 Rdn 82 ff.

C. Nichtzulassungsbeschwerde

 

Rz. 7

Ist keine Zulassung erfolgt, kommt nur eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 1 ZPO in Betracht. Diese setzt aber voraus, dass ein Beschwerdewert von 20.000,00 EUR überschritten ist (was oftmals nicht der Fall sein dürfte), § 544 Abs. 2 Nr. 1ZPO. Etwas anderes gilt nach § 544 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO durch Urteil als unzulässig verworfen hat.[4] Die Überprüfung in der Sache setzt allerdings stets voraus, dass ein Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 ZPO (bzw. § 574 Abs. 2 ZPO) existiert.

 

Rz. 8

In anderen Fällen mit geringerem Streitwert bleibt dem rechtssuchenden Mandanten nur die innerhalb von zwei Wochen einzulegende Gehörsrüge und eine ggf. anschließende Verfassungsbeschwerde; eine Verfahrensweise, welche nur in seltenen Fällen Erfolg haben dürfte.

 

Rz. 9

Liegt die Beschwer des bislang (teilweise) unterlegenen Mandanten aber über 20.000,00 EUR, ist dieser – am besten schriftlich und nachweisbar – über das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde zu belehren. Die Monatsfrist gemäß § 544 Abs. 3 S. 1 ZPO ab Zustellung de...

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