I. Gesetzliche Grundlagen
Rz. 2
Die Vorschriften über die Testamentsvollstreckung finden sich vorwiegend im BGB, und zwar zunächst im 5. Buch, 3. Abschnitt, 6. Titel unter den §§ 2197–2228 BGB. Es handelt sich hierbei um die Vorschriften, welche die Ernennung des Testamentsvollstreckers, seine Aufgaben, Befugnisse und Pflichten, die Arten und die Dauer der Testamentsvollstreckung regeln. Darüber hinaus finden sich sowohl im 5. Buch als auch in den anderen Büchern des BGB Regelungen, welche teilweise unmittelbar, teilweise mittelbar auf die Testamentsvollstreckung bzw. den Testamentsvollstrecker Anwendung finden. Weiterhin gibt es eine Fülle von gerichtlichen Entscheidungen, welche nicht zuletzt aufgrund von gesetzlichen Regelungslücken die Grundlage für die Amtsführung des Testamentsvollstreckers bilden.
Rz. 3
Neben den im BGB enthaltenen Regelungen finden sich auch in sonstigen Rechtsgebieten zahlreiche Vorschriften, die das Amt des Testamentsvollstreckers berücksichtigen.
II. Arten der Testamentsvollstreckung und Aufgaben des Testamentsvollstreckers
Rz. 4
Je nach dem vom Erblasser bestimmten Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers unterscheidet man verschiedene Arten der Testamentsvollstreckung. Soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, hat der Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB). Der Testamentsvollstrecker ist dabei grundsätzlich befugt, sich für die Besorgung einzelner Geschäfte eines Vertreters zu bedienen. Auch die Erteilung einer Generalvollmacht ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn der Erblasser keine abweichenden Anordnungen getroffen hat und der Generalbevollmächtigte lediglich widerruflich bestellt worden ist. Soweit mehrere Erben vorhanden sind, hat er die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042–2056 BGB zu bewirken. Es handelt sich in einem solchen Fall um eine Abwicklungsvollstreckung. Der Erblasser kann jedoch durch entsprechende Gestaltung seiner letztwilligen Verfügung den Aufgabenkreis über diesen Regelfall der Testamentsvollstreckung auch insoweit erweitern, dass der Testamentsvollstrecker allein oder neben der Aufgabenerledigung die Verwaltung des Nachlasses vorzunehmen hat. Weiterhin sieht das Gesetz noch Sonderformen der Testamentsvollstreckung vor (§§ 2222, 2223 BGB). Folgende gesetzlich vorgesehene Erscheinungsformen der Testamentsvollstreckung sind zu unterscheiden:
1. Abwicklungs-/Auseinandersetzungsvollstreckung
Rz. 5
Sie stellt nach dem Gesetz den Regeltypus der Testamentsvollstreckung dar, in deren Rahmen es die Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist, durch Ausführung des letzten Willens des Erblassers den Nachlass abzuwickeln (§ 2203 BGB). Die Abwicklungsvollstreckung wird auch als ausführende Vollstreckung oder als Willensvollstreckung, für den Fall des Vorhandenseins mehrerer Erben (§ 2204 BGB) als Auseinandersetzungsvollstreckung bezeichnet. Von diesem Regelfall ist auszugehen, soweit der Erblasser die Testamentsvollstreckung ohne nähere Angaben angeordnet hat, also bspw. bestimmt hat: "Für meinen Nachlass ordne ich Testamentsvollstreckung an." oder "Ein Testamentsvollstrecker soll bestellt werden." oder "Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich …".
Rz. 6
Zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehören bei Vorliegen des gesetzlichen Regelfalls der Abwicklungsvollstreckung:
1. |
Ausführung der letztwilligen Anordnungen des Erblassers (Teilungsanordnung, Vermächtnisse, Auflagen), § 2103 BGB |
2. |
Verwaltung des Nachlasses als mittelbare Ausführungspflicht des Testamentsvollstreckers, einschließlich der Aufgabe zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten. Zur Aufgabenerfüllung wird dem Testamentsvollstrecker durch das Gesetz das Verwaltungsrecht eingeräumt, § 2205 S. 1 BGB, welches durch weitere Vorschriften ergänzt und konkretisiert wird:
▪ |
Berechtigung, den Nachlass in Besitz zu nehmen, § 2205 S. 2 Hs. 1 BGB |
▪ |
Berechtigung, über Nachlassgegenstände zu verfügen, § 2205 S. 2 Hs. 2 BGB |
▪ |
Berechtigung, Verbindlichkeiten einzugehen, § 2206 BGB |
▪ |
Berechtigung, ein zum Nachlass gehörendes Recht gerichtlich geltend zu machen (Aktivlegitimation für Prozesse), § 2212 BGB |
▪ |
Antragsrecht für das Aufgebotsverfahren zum Zweck der Ausschließung von Nachlassgläubigern, § 991 ZPO |
▪ |
Antragsrecht zur Zwangsversteigerung von zum Nachlass gehörenden Grundstücken, § 175 ZVG |
▪ |
Antragsrecht auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, § 317 InsO |
▪ |
Recht bzw. Pflicht der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses, § 2216 BGB sowie die Herausgabepflicht bzgl. einzelner Nachlassgegenstände nach § 2217 BGB, was jedoch kein Überlassungsrecht des Testamentsvollstreckers begründet |
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aus dem Verwaltungsrecht resultierende Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach §§ 2218 Abs. 1, 666 BGB |
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3. |
Auseinandersetzung des Nachlasses bei Miterben, § 2204 BGB Die Auseinandersetzung bei Miterben stellt im Rahmen der Abwicklungsvollstreckung eine zentrale Aufgabe dar. Die Erbauseinandersetzung hat der Testamentsvollstrecker mit tunlicher Beschleunigung durchzuführen. Die Durchführun... |