Rz. 172
Die §§ 2212, 2213 BGB regeln das Prozessführungsrecht des Testamentsvollstreckers sowohl für Aktiv- als auch für Passivprozesse, wenn ein Recht für oder gegen den Nachlass geltend gemacht wird. Nicht unter diese Vorschriften fallen allerdings Prozesse, welche der Testamentsvollstrecker aus eigenem Recht, also z.B. auf Vergütung, führt, bzw. Prozesse, welche sich gegen den Testamentsvollstrecker persönlich richten, wie etwa eine Klage gegen den Testamentsvollstrecker auf Schadensersatz nach § 2219 BGB, auf Auskunft und Rechnungslegung, oder wenn es um seine Absetzung oder die Ernennung eines Mitvollstreckers geht. Die Vorschriften der §§ 2212, 2213 BGB werden ergänzt durch Regelungen der ZPO, wie etwa § 327 ZPO (Rechtskraft) und §§ 748, 749, 779 Abs. 2, 780 Abs. 2 ZPO (Zwangsvollstreckung). Für die Aufnahme der wegen Todes des Erblassers nach § 239 ZPO unterbrochenen Prozesse sind die Vorschriften der §§ 239 Abs. 2 und 3, 243, 241 ZPO maßgebend.
1. Aktivlegitimation des Testamentsvollstreckers
Rz. 173
Bereits aus dem Wortlaut des § 2212 BGB folgt, dass ein der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegendes Recht nur durch diesen gerichtlich geltend gemacht werden kann. Dies bezieht sich sowohl auf den Zivilprozess als auch auf Verwaltungsrechtsstreitigkeiten sowie Verfahren vor der freiwilligen Gerichtsbarkeit und im Schiedsverfahren. Der Umfang der Befugnis erstreckt sich dabei auch auf die entsprechenden Prozesshandlungen, wie Vergleich, Verzicht, Widerklage, Aufrechnung und Vollstreckungsgegenklage. Der Testamentsvollstrecker ist dabei nicht Vertreter des Erben, sondern "Partei kraft Amtes", und führt somit den Prozess in eigenem Namen, allerdings als Testamentsvollstrecker. Er hat daher in einem Prozess die Stellung als Partei und kann als solche nach §§ 445 ff. ZPO vernommen werden. Eine Beschränkung der Prozessführungsbefugnis kann sich aber unter Umständen ergeben, wenn sich die Prozessführung auf die Geschäftsbeteiligungen erstreckt, welche im Wege der Sondererbfolge, also z.B. aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen, auf die Miterben übergegangen sind. Soweit ein Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker als Nachlassschuldner geltend zu machen ist, ist hierfür der Erbe aktivlegitimiert.
Rz. 174
Der Erbe kann in einem vom Testamentsvollstrecker geführten Prozess als Zeuge vernommen werden und auch als Nebenintervenient auftreten. Als Hauptintervenient kann der Erbe auftreten, soweit er die Amtsstellung des Testamentsvollstreckers oder sein Verwaltungsrecht im Hinblick auf den Prozessgegenstand bestreitet oder dessen Freigabe nach § 2217 Abs. 1 BGB beansprucht. Folglich ist eine Klage des Erben in den Fällen des § 2212 BGB wegen Fehlens der Aktivlegitimation als Prozessvoraussetzung als unzulässig abzuweisen. Der Testamentsvollstrecker kann allerdings den Erben zur Prozessführung ermächtigen (vgl. Muster Rdn 186).
Rz. 175
Endet das Amt des Testamentsvollstreckers oder fällt seine Verfügungsbefugnis über den Prozessgegenstand weg, gelten die §§ 239, 246 ZPO entsprechend und der Erbe tritt als Rechtsträger an die Stelle des Testamentsvollstreckers. Sind mehrere Testamentsvollstrecker gem. § 2224 BGB vorhanden, führen sie das Amt also gemeinschaftlich, so müssen sie in notwendiger Streitgenossenschaft klagen (§ 62 ZPO).
Rz. 176
Bei Prozessen auf Feststellung des Erbrechts ist der Testamentsvollstrecker als solcher nicht prozessführungsbefugt. In Sonderfällen, z.B. wenn Zweifel über die Person des wahren Erben bestehen oder der Testamentsvollstrecker sein Amt deswegen nicht ausführen kann, ohne seine Pflichten zu verletzen, besteht allerdings ein Feststellungsinteresse des Testamentsvollstreckers und somit eine Prozessführungsbefugnis.
Rz. 177
Die Urteilswirkungen aus einem durch den Testamentsvollstrecker geführten Prozess bestimmen sich nach § 327 ZPO. Das Urteil wirkt daher für und gegen den Erben. Das Gleiche gilt umgekehrt im Fall der Ermächtigung des Erben zur Prozessführung durch den Testamentsvollstrecker. In diesem Fall wirkt das Urteil auch für und gegen den Testamentsvollstrecker.
Rz. 178
In die Kosten eines verlorenen Prozesses ist der Testamentsvollstrecker zu verurteilen, wobei er nur mit dem Nachlass haftet, soweit der Testamentsvollstrecker unter Anwendung der von einem gewissenhaften Inhaber eines solchen Amtes zu erwartenden Sorgfalt unter Berücksichtigung etwaiger besonderer beruflicher Qualifikationen sich zur Prozessführung entschlossen hätte. Selbst wenn der Testamentsvollstrecker eines Miterben eine Nachlassforderung gegenüber einem anderen Miterben ohne Erfolg gerichtlich geltend macht und ihm deshalb die Prozesskosten auferlegt werden, kann er grundsätzlich deren Erstattung von den Miterben einschließlich des Prozessgegners verlangen. Aus einer pflichtwidrigen Prozessführung kann der Testamentsvollstrecker aber na...