Rz. 191
Aus § 34 Abs. 3, Abs. 1 AO ergibt sich, dass der Testamentsvollstrecker als "Vermögensverwalter die steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat". Der Erbfall löst dabei unterschiedliche steuerliche Tatbestände und Pflichten aus, welche der Testamentsvollstrecker zu erfüllen hat:
1. |
vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstandene Steuern, |
2. |
die Erbschaftsteuer aufgrund des Erbfalls, |
3. |
nach dem Erbfall während der Testamentsvollstreckung entstehende Steuern. |
1. Vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstandene Steuern
Rz. 192
Nach § 45 AO gehen die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf die Rechtsnachfolger und somit auf die Erben über. Steuerschulden stellen Nachlassverbindlichkeiten dar (§ 45 AO, § 1967 BGB). Aufgrund der nach § 34 AO dem Testamentsvollstrecker zugewiesenen Stellung ist er verpflichtet, die Steuererklärungen des Erblassers zu erstellen, soweit sie Steuern betreffen, die vor dem Erbfall entstanden sind, und zwar bezüglich sämtlicher Steuerarten, also auch bspw. die Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung, soweit der Erblasser als Erbe hierzu verpflichtet gewesen ist. Ergeben sich Steuererstattungsansprüche des Erblassers, so fallen diese in den Nachlass und sind vom Testamentsvollstrecker geltend zu machen.
Rz. 193
Ferner haftet der Testamentsvollstrecker für die Erfüllung der Steuerschulden unter den Voraussetzungen des § 69 i.V.m. § 34 AO bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung seiner Pflichten, was den Testamentsvollstrecker auch dahingehend verpflichtet, Steuerklärungen gem. § 153 AO zu berichtigen, soweit diese unrichtig sind und daher eine Steuerhinterziehung vorliegt.
Rz. 194
Gemäß § 45 Abs. 2 AO i.V.m. § 2213 Abs. 1 BGB können die Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten entweder gegen die Erben oder gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden. Der Steuerbescheid kann dabei sowohl an ihn als auch an die Erben gerichtet werden. Wird der Steuerbescheid an die Erben gerichtet, so ist dem Testamentsvollstrecker eine Ausfertigung des Steuerbescheids zu erteilen. Eine eigenständige Rechtsbehelfsbefugnis des Testamentsvollstreckers ist nur zu bejahen, wenn der Steuerbescheid an ihn in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker – und nicht als Zustellungsvertreter bzw. Bevollmächtigter der Erben – gerichtet ist, anderenfalls steht die Rechtsbehelfsbefugnis den Erben zu. Die Zwangsvollstreckung in den Nachlass bedarf eines Titels gegen den Testamentsvollstrecker.
2. Erbschaftsteuer aufgrund des Erbfalls
Rz. 195
Nach § 20 ErbStG ist Steuerschuldner der Erbe als Erwerber. Nach § 20 Abs. 3 ErbStG haftet der Nachlass lediglich bis zur Auseinandersetzung für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. In § 31 Abs. 5 ErbStG wird der Testamentsvollstrecker ausdrücklich als Verpflichteter (§ 149 AO) bezüglich der Abgabe der Erbschaftsteuererklärung aufgeführt. Dabei setzt diese Verpflichtung nicht voraus, dass die Erben vom Finanzamt zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert wurden. Das Finanzamt kann jedoch nach § 31 Abs. 5 S. 2 AO die Mitunterzeichnung der Erbschaftsteuererklärung durch die Erben verlangen. Aufgrund § 14 ErbStG sind im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung Erwerbe der Erben innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Todeszeitpunkt zu berücksichtigen, weswegen es sich für den Testamentsvollstrecker im Hinblick auf seine Haftung nach § 69 AO empfiehlt, von den Erben eindeutige und schriftliche Erklärungen über etwaige Schenkungen zu verlangen. Die Ausübung erbschaftsteuerlicher Wahlrechte steht dem Testamentsvollstrecker nicht zu. Auch bei einer Vermächtnisvollstreckung treffen den Testamentsvollstrecker die gleichen steuerlichen Rechte und Pflichten wie bei einer allgemeinen Testamentsvollstreckung, allerdings beschränkt auf den Vermächtnisgegenstand. In Bezug auf einen Vermächtnisnehmer tritt eine Steuererklärungspflicht des Testamentsvollstreckers jedoch nur ein, wenn der Testamentsvollstrecker über die bloße Erfüllung des Vermächtnisses hinaus weitere Befugnisse hinsichtlich des vermachten Gegenstands hat, sich die Testamentsvollstreckung also auch auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht, und das Finanzamt von dem Testamentsvollstrecker auch die Abgabe der Erklärung verlangt. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen für das Vermächtnis Dauervollstreckung entsprechend §§ 2209, 2210 BGB angeordnet wurde. Ob den Testamentsvollstrecker auch in Bezug auf die Erbschaftsteuer für den Vermächtnisnehmer eine Haftung trifft, ist nicht ganz eindeutig. Die wohl h.M. geht davon aus, dass sich nach § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG nur eine Verpflichtung für die Abgabe von Steuererklärungen für die Erben ergibt (abgesehen von Ausnahmen wie...