Cordula Schah-Sedi, Michel Schah-Sedi
1. Grundlagen
Rz. 98
Bei den Gesichtsschädelfrakturen ist die häufigste die Nasenbeinfraktur. Es kann aber auch zu Unterkieferfrakturen oder Mittelgesichtsfrakturen kommen. Im Straßenverkehr treten diese deutlich seltener auf. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass solche Verletzungen aufgrund der Anschnallpflicht und der Sicherheitssysteme im Auto nicht mehr so häufig sind. Schwerste Gesichtsschädelfrakturen können zum Beispiel entstehen, wenn der Geschädigte nicht angeschnallt war und mit dem Kopf gegen den Rückspiegel stößt. Naturgemäß muss er sich dann ein Mitverschulden nach § 254 BGB anrechnen lassen. Heute sind Gesichtsschädelfrakturen auch im Bereich von Gewalttaten oder bei Verletzungen im Bereich von Freizeitaktivitäten zu finden. Sie treten oftmals im Zusammenhang mit polytraumatischen Verletzungen anlässlich eines schweren Verkehrsunfalls auf. Sie können sich auch bei Motorradfahrern oder Fahrradfahrern zeigen, die mit anderen Fahrzeugen direkt zusammenstoßen. Oftmals kann dies auch beim Fahrradfahrer der Fall sein, wenn dieser keinen Helm trägt. Innerhalb der Klassifizierung muss auch immer geschaut werden, ob das Gehirn mit verletzt wurde oder ob lediglich Brüche im Gesichtsschädelbereich vorgelegen haben. Bei den Gehirnverletzungen unterscheidet man zwischen der Gehirnerschütterung, der Gehirnprellung und der Gehirnquetschung.
Rz. 99
Bei Gesichtsverletzungen ist ganz wichtig, die vielen Computertomographien – sowohl die Bilder als auch die CD als auch die schriftlichen Befunde – zu archivieren, um hieraus Rückschlüsse zu ziehen. Viele Strukturschäden sind nach einer gewissen Zeit nicht mehr nachweisbar. Versicherer wenden dann oftmals das Beweisproblem ein. Deswegen ist gleich am Anfang auf entsprechende Befunde zu achten. Generell kann bei Gesichtsschädelfrakturen gesagt werden, dass vor allem Verletzungen der Augenmuskel bzw. der Gesichtsnerven (N. facialis et trigeminus) bedeutsam sind, weil dann ein Dauerschaden zu erwarten ist. Des Weiteren sind natürlich Gesichtsschädelfrakturen auch kosmetisch bedeutsam, weil sie im Blickfeld sind und nicht durch Kleidungsstücke verdeckt werden können.
2. Arztkontakt/Rücksprache
Rz. 100
Hier sind HNO-Facharzt, Plastischer Chirurg und/oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurg zu kontaktieren.
3. Komplikationen, Spätfolgen und Risiken
Rz. 101
Die Komplikationen hängen von der Intensität der Gesichtsschädelfraktur ab. Ferner ist zu prüfen, ob weitere Verletzungen eingetreten sind. Bei Gesichtsschädelfrakturen kommt es oftmals auch zu schweren Augenverletzungen bis zur Erblindung. Oft ist das Gesicht auch deformiert. Dies hat natürlich erhebliche Auswirkungen auf das Schmerzensgeld, nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen psychischen Befindlichkeiten. Es kann zu chronischen Nasennebenhöhlenentzündungen kommen. Da das Gesicht betroffen ist, können auch Kaufunktionsstörungen auftreten. Ferner kann der Geruchssinn, Geschmackssinn und der Sehsinn verloren gehen. Es kann zu Sprechstörungen und Schluckstörungen kommen.
Rz. 102
Es kann weiterhin zu psychischen Störungen kommen. Beim Zahnverlust ist zu prüfen, welche Zahnarztkosten von den Krankenkassen übernommen werden, da mitunter auch kosmetische Operationen dabei eine Rolle spielen.
Rz. 103
Es bestehen die üblichen OP-Risiken wie Thrombosen, Nervenschädigungen und Infektionen (siehe Rdn 264 f., 298 f.).