Rz. 11
M hätte 1.396 EUR Unterhalt für F1 aufzubringen.
Ihm bliebe nach Abzug dieses Unterhalts (1.396 EUR) und des Kindesunterhalts für K1 (397,50 EUR) ein Betrag von 2.206,50 EUR (4.000 – 1.396 – 397,50 EUR), aus dem auch der Kindesunterhalt für K2 (397,50 EUR) und auch der Unterhalt für die kinderbetreuende F2 aufzubringen wäre.
Beim Selbstbehalt gegenüber einem Ehegatten ist zu beachten, dass der in den Leitlinien genannte Betrag von 1.280 EUR nur ein Mindestbetrag ist. Ansonsten entspricht der eigene angemessene Unterhalt i.S.v. § 1581 (eheangemessener Selbstbehalt) betragsmäßig dem eheangemessenen Unterhalt i.S.v. § 1578 Abs. 1 S. 1 (vgl. hierzu auch Fall 18 und 33, siehe § 3 Rdn 94, § 9 Rdn 1).
a) Weitere Unterhaltspflichten
Rz. 12
Die weiteren Unterhaltspflichten können Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des M haben.
§ 1581 Leistungsfähigkeit
Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
b) Berücksichtigungsfähige sonstige Unterhaltspflichten des M?
Rz. 13
Eine weitere Unterhaltspflicht kann eine sonstige Verpflichtung i.S.v. § 1581 sein.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09
Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unterhaltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berücksichtigt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit aber nicht an.
aa) Kindesunterhalt für K2
Rz. 14
Zunächst kann der Kindesunterhalt für K2 berücksichtigt werden. Ob eine Herabstufung in eine niedrigere Einkommensgruppe zu erfolgen hat, kann hier zunächst dahinstehen.
bb) Ehegattenunterhalt für F2?
(1) Kein Nachrang der F2
Rz. 15
Eine nachrangige zweite Ehefrau könnte unberücksichtigt bleiben. Die neue Ehefrau muss also vorrangig oder zumindest gleichrangig sein.
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 159/09
Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09).
§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
1. |
… |
2. |
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen, |
3. |
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen, |
4. |
… |
(2) Gleichrang oder Vorrang der F2
Rz. 16
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Ist die geschiedene Ehefrau … gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
F2 ist hier gleichrangig, weil sie ebenfalls ein Kind betreut (§ 1609 Nr. 2). Ein Unterhaltsanspruch der F2 kann sich auf den Unterhalt der F1 auswirken (anders bei Vorrang der F1 vgl. Fälle 38 und 39, siehe § 11 Rdn 1, 32).
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615l BGB.
Um Auswirkungen des Unterhaltsanspruchs der F2 auf die Leistungsfähigkeit des M feststellen zu können, ist zunächst der Unterhalt bzw. Bedarf der F2 zu ermitteln.