aa) Vorwegabzug des Kindesunterhalts?
(1) Kind aus erster Ehe
Rz. 31
Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar der Zahlbetrag.
(2) Kind aus zweiter Ehe
Rz. 32
Das Kind K2 stammt aus der zweiten Ehe und ist somit nach Rechtskraft der Scheidung der ersten Ehe geboren. Der Unterhalt für das Kind hat somit die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe nicht geprägt. Der Unterhalt für K2 ist deshalb bei der Ermittlung des bedarfsbestimmenden Einkommens in Bezug auf F1 nicht abzuziehen.
Ein nach Rechtskraft der Scheidung geborenes Kind aus einer anderen Beziehung ist nicht zu berücksichtigen, da dieser Kindesunterhalt die erste Ehe nicht geprägt hat (vgl. hierzu Fall 43, siehe Rdn 1).
BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09
Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.
Der Kindesunterhalt für K2 ist also bei der Bestimmung des Bedarfs der ersten Ehefrau nicht abzuziehen.
Es erfolgt also nur ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts für K1.
2.200 (Einkommen M) – 286,50 (Zahlbetrag Kindesunterhalt für K1) = 1.913,50 EUR
Diese 1.913,50 EUR fließen in die Berechnung des Ehegattenunterhalts ein.
bb) Kein Vorwegabzug des Ehegattenunterhalts für F2
Rz. 33
F2 ist zwar gleichrangig, doch haben Rangfragen erst bei der Leistungsfähigkeit Bedeutung.
Die Unterhaltsverpflichtung aus der zweiten Ehe hat naturgemäß auch nicht die Lebensverhältnisse der ersten Ehe geprägt.
BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 32
Allerdings bleibt nach der Rechtsprechung des Senats eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet, ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Dies gilt grundsätzlich insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst nach der Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (Senatsurteil BGHZ 192, 45 = FamRZ 2012, 281 Rn 26 m.w.N. und Senatsbeschluss vom 7.5.2014 – XII ZB 258/13, FamRZ 2014, 1183 Rn 15 m.w.N.).
Hinweis
Bei der Bestimmung des Bedarfs der zweiten Ehefrau ist aber der Unterhalt für die erste Ehefrau zu berücksichtigen (siehe unten).
Das Einkommen ist, soweit es aus Erwerbstätigkeit (und nicht bspw. Kapital oder aus Vermietung oder aus einer Altersversorgung) erzielt wird, um 1/10 zu kürzen (sog. Erwerbstätigenbonus).
Einkommen M: 1.913,50 EUR
Erwerbstätigenbonus: 1.913,50 EUR × 10 % = 191 EUR
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 1.913,50 – 191 EUR = 1.722,50 EUR