Dr. iur. Matthias Franzke
Rz. 55
Nach Abschluss des betrugsindizierten Verkehrsunfallprozesses werden vom Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer regelmäßig Kosten für außergerichtlich eingeholte Privatgutachten angemeldet. Diese Gutachten werden unter anderem in Auftrag gegeben zur Prüfung der Plausibilität des behaupteten Unfallgeschehens oder zur Kompatibilität der eingetretenen Fahrzeugschäden. Angesichts der Komplexität der technischen Aspekte können die hierdurch entstehenden Kosten nahezu den Wert des begehrten Anspruchs erreichen.
Rz. 56
Die Rechtsprechung hat sich insgesamt zustimmend positioniert, wenn ein dringender Verdacht eines manipulierten Unfalls besteht. Zwar sind vorprozessual aufgewandte Kosten für die Erstattung eines Privatgutachtens nur ausnahmsweise als Kosten des Rechtsstreits anzusehen. In Fällen des Verdachts eines Versicherungsbetrugs gestalte sich jedoch für den Versicherer der Nachweis erfahrungsgemäß schwierig. Der Versicherer bedürfe regelmäßig sachverständiger Hilfe, um den zur Rechtsverteidigung notwendigen Vortrag halten zu können. Er könne nicht darauf verwiesen werden, zunächst die Einholung eines Gutachtens durch das erkennende Gericht abzuwarten. Auch bei zeitlich größerer Distanz zwischen Anmeldung von Schadensersatzansprüchen und Klageandrohung wird die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten bejaht. Zum einen genügt es, dass der Versicherer bei verständiger Bewertung des der Forderung zugrunde liegenden Sachverhalts von dem Verdacht eines versuchten Versicherungsbetrugs ausgehen kann. Denn in einer solchen Konstellation wird sich der Versicherer zu einer freiwilligen Leistung nicht bereitfinden und kann bereits frühzeitig von der Notwendigkeit einer gerichtlichen Klärung ausgehen. Zum anderen ist ein Privatgutachten auch dann als prozessbezogen zu qualifizieren, wenn zwar der Auftrag zur Gutachtenerstattung vor Klageandrohung erfolgte, das Gutachten aber erst nach Androhung der Klage erstattet wird.
Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten nicht voraus, dass das Privatgutachten im Rahmen einer ex-post Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat oder im Rechtsstreit und Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegt wird und Überzeugungskraft hat. Dient das eingeholte Gutachten dagegen der allgemeinen und routinemäßigen Prüfung der Einstandspflicht, sind die Kosten nicht erstattungsfähig.
Rz. 57
Strenger beurteilt die Rechtsprechung die Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten. Dies folgt aus dem Gebot einer sparsamen Prozessführung. Grundsätzlich müssen sich diese Kosten gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes in vernünftigen Grenzen halten. Darüber hinaus muss der Auftrag prozessbezogen, konkret umrissen und zur Bestätigung eines bestimmten Verdachts erfolgen. Der Auftrag ist daher so zu gestalten, dass der beauftragende Versicherer die Ausführung überwachen kann und die Entscheidung über Beginn, Inhalt, Umfang, Dauer und Abbruch der Ermittlungen nicht völlig dem Detektiv überlässt.
Der BGH formuliert hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten nach § 91 Abs. 1 ZPO in ständiger Rechtsprechung, dass eine vernünftige Prozesspartei berechtigte Gründe haben muss, eine Detektei zu beauftragen. Hinzukommen müsse, dass die Detektivkosten sich – gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes – in vernünftigen Grenzen halten und prozessbezogen waren, die erstrebten Feststellungen wirklich notwendig waren sowie die Ermittlungen aus ex-ante-Sicht nicht einfacher und/oder billiger erfolgen konnten. Die Beeinflussung des Prozessausgangs sei regelmäßig ein Indiz für die Notwendigkeit, nicht jedoch Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit. Des Weiteren wird verlangt, dass der Auftrag an die Detektei zur Bestätigung eines bestimmten festen Verdachts erteilt wurde.
An diesen Voraussetzungen muss sich auch der Detektiveinsatz des in Anspruch genommenen KH-Versicherers messen lassen. Der Versicherer muss insbesondere prüfen, ob aufgrund der Aktenlage und bereits vorhandener Indizien ein konkreter Verdacht der Unfallmanipulation besteht und ob weitere Ermittlungsmaßnahmen – insbesondere bezüglich einer möglichen Bekanntschaft oder Freundschaft der Unfallbeteiligten und sonstigen involvierten Personen – den Einsatz eines Detektivs erfordern.
Rz. 58
Bislang kaum beachtet ist die Möglichkeit des Haftpflichtversicherers, in begründeten Verdachtsfällen Schadenssachbearbeitungskosten im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machen. Zustimmende Entscheidungen begründen einen Erstattungsanspruch des Versicherers damit, dass die Bearbeitung eines Betrugsfalls mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden ist und nicht zum originären Aufgabenkreis des Versicherers zählt. Voraussetzung eines Anspruchs ist allerdings, dass der Versicherer konkret darlegt, welche Arbeitsschritte erforderlich waren und zur...