Rz. 14
In die Gefahr, wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus Verschulden bei Vertragsschluss einem Nichtmandanten selbst zu haften, geraten Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer i.d.R. dann, wenn sie für ihren Auftraggeber Vertragsverhandlungen mit einem Dritten führen oder daran mitwirken. Dabei kann ein persönliches Vertrauen des Verhandlungsgegners oder der hinter diesem stehenden Partei v.a. durch hohe Sachkunde des Rechtsberaters bzgl. des Verhandlungsgegenstandes oder durch persönliche Zuverlässigkeit des Rechtsberaters begründet werden.
Rz. 15
Grds. kann auch den Rechtsanwalt eine solche Eigenhaftung treffen, wenn die dargelegten Voraussetzungen (vgl. Rdn 6 ff.) erfüllt sind, gleichgültig, ob er aufgrund eines echten Anwaltsvertrages mit Rechtsbeistandspflicht oder eines unechten Anwaltsvertrages ohne eine solche Verpflichtung tätig wird (vgl. § 1 Rdn 135 ff., 161 ff., § 2 Rdn 1 f.).
Der BGH hat jedoch hohe Hürden für eine Inanspruchnahme des Rechtsanwalts wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten errichtet, falls dieser sich aufgrund eines echten Anwaltsvertrages mit seinem Auftraggeber an dessen Vertragsverhandlungen mit einem Dritten beteiligt. Es ist allgemein bekannt, dass der Rechtsanwalt als berufener Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) einseitig die Interessen seines Mandanten wahrnimmt. Dieses Wissen steht grds. einem Eindruck des Verhandlungsgegners entgegen, der Rechtsanwalt werde bei den Vertragsverhandlungen gleichsam in eigener Sache tätig; dies gilt insb. dann, wenn der Verhandlungsgegner selbst anwaltlichen Beistand hat. Allein mit dem Einsatz seiner Sachkunde, die für die Betreuung des Mandanten erforderlich ist, begründet der Rechtsanwalt noch kein besonderes persönliches Vertrauen über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus. Ist der Rechtsanwalt aufgrund eines echten Anwaltsvertrages mit Rechtsbeistandspflicht an Vertragsverhandlungen seines Mandanten mit einem Dritten beteiligt, erfordert eine anwaltliche Eigenhaftung wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten zusätzliche besondere Umstände, die die Voraussetzungen der Haftung als Vertreter, Vermittler oder Sachwalter (vgl. Rdn 6 ff.) erfüllen. Dafür genügt es nicht, dass der Rechtsanwalt an der abschließenden Feststellung des Verhandlungsergebnisses mitwirkt. Es reicht auch nicht aus, dass der Verhandlungsgehilfe bei den Vertragsverhandlungen als Wortführer aufgetreten ist.
Rz. 16
Dagegen ist die Gefahr einer Eigenhaftung als Verhandlungsgehilfe hoch, wenn der Rechtsberater für ein Anlageunternehmen ggü. Kapitalanlegern tätig wird (vgl. Rdn 24).