I. Dreiecksverhältnis der Haftung und Deckung
Rz. 274
Bei der KH-Versicherung besteht ein Dreiecksverhältnis zwischen Geschädigtem, Versicherer und Versicherungsnehmer, bei dem das Außenverhältnis (Haftung) und das Innenverhältnis (Deckung) zu unterscheiden sind.
Rz. 275
Während sich die Deckung (Innenverhältnis) nach den Vorschriften des VVG und der AKB regelt, wird die Haftung (Außenverhältnis) in erster Linie durch den Direktanspruch des § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG bestimmt, der durch eine Leistungsfreiheit im Innenverhältnis nicht berührt wird (§ 117 Abs. 1 VVG), für den jedoch der subjektive Risikoausschluss des Vorsatzes gem. § 103 VVG gilt.
II. Haftung
Rz. 276
Der Grundsatz ist der Direktanspruch des Geschädigten gegenüber dem KH-Versicherer gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG. Für diesen gilt:
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auch bei Leistungsfreiheit im Innenverhältnis, § 117 Abs. 1 VVG; |
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Nachhaftung bei beendetem/unwirksamen Versicherungsvertrag (bis einen Monat nach Anzeige beim zuständigen Straßenverkehrsamt), § 117 Abs. 2 VVG; |
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jedoch keine Haftung bei (gesetzlichen oder vertraglichen) Risikoausschlüssen, z.B. Vorsatz, § 103 VVG (OLG Düsseldorf VersR 2003, 1248), gilt jedoch nur subjektiv für vorsätzlich Handelnden (nicht für abweichenden Halter bei vorsätzlich handelndem Fahrer, d.h. die Halterhaftung und -deckung bleiben bestehen). |
Rz. 277
In den beiden erstgenannten Fällen (Leistungsfreiheit im Innenverhältnis und Nachhaftung) gelten jedoch die folgenden Einschränkungen:
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Haftung nur im Rahmen der Mindestversicherungssummen, § 117 Abs. 3 S. 1 VVG; |
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in der Regel nur subsidiäre Haftung (Verweisungsprivileg gem. § 117 Abs. 3 S. 2 VVG: bei Ersatzmöglichkeit von einem anderen Schadensversicherer oder Sozialversicherungsträger), soweit Leistungsfreiheit (i.d.R. max. Höchstbeträge gem. KfzPflVV!); |
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die Haftung besteht nur hinsichtlich des Direktanspruchs gegen den Versicherer gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, d.h. der Versicherer muss stets mitverklagt werden! |
III. Deckung
Rz. 278
Der Haftpflichtanspruch umfasst gem. § 10 Abs. 1 AKB bzw. A.1.1.2 und A.1.1.3 AKB 2008
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die Befriedigung begründeter Forderungen (Freistellungs-/Befreiungsanspruch) |
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die Abwehr unbegründeter Forderungen (Rechtsschutzanspruch) |
alternativ je nach geltend gemachten Schäden (Regulierungsvollmacht des Versicherers gem. § 10 Abs. 5 AKB bzw. A.1.1.4 AKB 2008 mit weitem Regulierungsermessen, vgl. BGH VersR 1981, 180).
Rz. 279
Hinweis
Aus dem geteilten Deckungsanspruch sowie der entsprechenden Regulierungsvollmacht des Versicherers folgt, dass grundsätzlich die gerichtliche Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs nur als Feststellungsklage auf Deckungserteilung erfolgen kann.
Rz. 280
Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn im Haftpflichtprozess bereits rechtskräftig entschieden ist, dass dem Geschädigten Schadensersatz zu leisten ist. Dann verfügt der Versicherungsnehmer wegen der Bindungswirkung der Feststellungen des Haftpflichtprozesses für das Deckungsverhältnis (vgl. zur Reichweite der Bindungswirkung BGH r+s 2011, 66) ausnahmsweise über einen Freistellungsanspruch. Zudem ist bei der allgemeinen Haftpflichtversicherung, bei der im Gegensatz zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung grundsätzlich kein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer besteht, eine unmittelbare Zahlungsklage des Geschädigten gegen den gegnerischen Haftpflichtversicherer nach Abtretung des Deckungsanspruchs möglich, sodass es sich dann ausnahmsweise unter Durchbrechung des Trennungsprinzips um einen einheitlichen Haftpflicht- und Deckungsprozess handelt (BGH VersR 2016, 783). Zur wechselseitigen Rechtskrafterstreckung eines durch den Geschädigten lediglich gegen den Versicherer oder den Versicherten erwirkten Urteils im Haftpflichtprozess vgl. § 124 VVG.
Rz. 281
Die in den AKB erteilte Regulierungsvollmacht ist für den Versicherungsnehmer unwiderruflich. Ein im Innenverhältnis durch den Versicherungsnehmer ausgesprochenes Regulierungsverbot berührt die Regulierungsvollmacht im Außenverhältnis nicht. Im Übrigen kann der Versicherungsnehmer schon wegen der eigenen Leistungspflicht des Versicherers gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG kein wirksames Zahlungsverbot erklären. Allerdings besteht keine Regulierungsvollmacht (mehr), wenn die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers feststeht.
Rz. 282
Eine vorwerfbare Pflichtverletzung des Versicherers liegt nur dann vor, wenn die vom ihm regulierten Schadensersatzansprüche eindeutig und leicht nachweisbar unbegründet sind (von AG Düsseldorf zfs 2018, 634 bejaht, jedoch äußerst selten angenommen). Die Beweislast hierfür trägt der Versicherungsnehmer. In der Praxis ist der Beweis selten zu führen.