Rz. 241
Im Falle des Verlusts oder der Zerstörung (technischer Totalschaden) des Fahrzeugs wird gem. § 13 Abs. 4 AKB grundsätzlich der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, ggf. abzgl. des Werts des Fahrzeugwracks (§ 13 Abs. 3 AKB), ersetzt. Gem. A.2.6.1 AKB 2008 hingegen wird grundsätzlich lediglich der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts ersetzt, auch im Falle des Totalschadens (wenn Reparaturkosten höher als Wiederbeschaffungswert, A.2.6.5 AKB 2008). Der Wiederbeschaffungswert ist gem. § 13 Abs. 1 S. 2 AKB bzw. A.2.6.6 AKB 2008 der erforderliche Kaufpreis, um ein gleichwertiges Fahrzeug zu erwerben.
Rz. 242
Hinweis
In manchen Individualklauseln wird unter bestimmten Voraussetzungen bei einem neuwertigen Fahrzeug eine Neuwertentschädigung vorgesehen, so auch optional nach Wahl des Versicherers in A.2.6.2 AKB 2008 (Musterbedingungen). Bei der für die Neuwertspitze erforderlichen Wiederbeschaffung eines Neufahrzeugs ist keine Bindung an denselben Hersteller und Fahrzeugtyp zu beachten (KG v. 9.1.2015 – 6 U 100/14 – VersR 2015, 1018 = zfs 2015, 448).
Daher sind stets die individuellen Bedingungen daraufhin zu überprüfen!
Rz. 243
Im Falle des Diebstahls wird die Entschädigung gem. § 13 Abs. 4 S. 2 AKB bzw. A.2.6.4 AKB 2008 abzüglich eines vereinbarten prozentualen Abschlags gezahlt. Der Abzug entfällt jedoch regelmäßig bei Vorhandensein einer elektronischen Wegfahrsperre. Im Falle der Beschädigung werden gem. § 13 Abs. 5 AKB bzw. A.2.7.1 AKB 2008 die erforderlichen Wiederherstellungskosten (Reparaturkosten) ersetzt, grundsätzlich auch fiktiv.
Der BGH (BGH v. 11.11.2015 – IV ZR 426/14 – VersR 2016, 45 = zfs 2016, 29 = r+s 2016, 27 = NZV 2016, 27 = DAR 2016, 22) hat inzwischen die auch im Kaskoversicherungsrecht streitige Frage, inwieweit bei den erforderlichen Reparaturkosten auf die Kosten einer markengebundenen oder einer freien Fachwerkstatt abzustellen ist, wie folgt entschieden: Grundsätzlich ist von den Kosten einer freien Fachwerkstatt auszugehen. Der Versicherungsnehmer kann jedoch die Erstattung der Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt dann verlangen, wenn – wofür er anders als im Haftungsrecht die Darlegungs- und Beweislast trägt –
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aufgrund der Art der anfallenden Reparaturarbeiten die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfolgen kann oder |
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es sich um ein neuwertiges Fahrzeug handelt, welches noch einer Herstellergarantie unterliegt, |
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oder bei einem älteren Fahrzeug dieses stets in einer Markenwerkstatt gewartet und repariert worden ist. |
Gem. A.2.7.1 AKB 2008 werden bei fiktiver Abrechnung – vergleichbar dem Haftungsrecht bei den 130-%-Fällen – jedoch die erforderlichen Reparaturkosten lediglich bis zur Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes ersetzt. Bei dem zur Ermittlung des Wiederbeschaffungsaufwandes anzurechnenden Restwert ist der Betrag entscheidend, der dem Versicherungsnehmer bei der Veräußerung des Fahrzeugs am Ende verbleibt, sodass bei einem umsatzsteuerpflichtigen Verkauf lediglich der dem Versicherungsnehmer verbleibende Nettokaufpreis anzurechnen ist (BGH v. 10.9.2014 – IV ZR 397/13 – VersR 2014, 1249 = zfs 2015, 92).
Nur im Falle der vollständigen und fachgerechten Reparatur unter Vorlage der Rechnung werden die Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ersetzt (A.2.7.1 a AKB 2008). Die "vollständig ausgeführte" Reparatur verlangt jedoch lediglich, dass alle Arbeiten durchgeführt sind, die technisch erforderlich sind, um die Schäden zu beseitigen, das Fahrzeug also fahrtüchtig und unfallsicher ist und eine weitere Reparatur aus technischer Sicht nicht erforderlich ist. Dass die Reparatur darüber hinaus mangelfrei erfolgt, wird von einer solchen Versicherungsklausel nicht verlangt (OLG Karlsruhe VersR 2011, 1137 = zfs 2011, 215).
Rz. 244
Es erfolgt gem. § 13 Abs. 5 S. 3 und 4 AKB bzw. A.2.7.3 AKB 2008 ein Abzug neu für alt hinsichtlich der Ersatzteile und Lackierung, bis zum Ende des 4. Zulassungsjahrs bei Pkw jedoch nur bei Bereifung, Batterie und Lackierung. Grundsätzlich gilt im Versicherungsrecht wegen des Vorliegens eines vertraglichen Entschädigungsanspruchs § 249 Abs. 2 S. 2 BGB nicht, sodass MwSt. grundsätzlich auch fiktiv zu ersetzen wäre. Aber in den neueren AKB wird die Erstattung bei fiktiver Abrechnung durch eine entsprechende Klausel in § 13 Abs. 6 AKB bzw. A.2.9 AKB 2008 ausgeschlossen. Diese Klausel ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch grundsätzlich wirksam (BGH VersR 2010, 208). Lediglich eine bestimmte Formulierung der Klausel in einem Einzelfall wurde in der Vergangenheit vom BGH (VersR 2006, 1066) als intransparent und aus diesem Grunde unwirksam angesehen. Die Klausel bezieht sich auf sämtliche Kaskoentschädigungsfälle, also auch den des Verlusts des Fahrzeugs (OLG Celle VersR 2008, 1204). Wendet der Versicherungsnehmer bei einem Totalschaden für die Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs tatsächlich mindestens Kosten in Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswerts auf, kann er deren Ersta...