Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 18
Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 887 ZPO entscheidet über den Antrag des Gläubigers das Prozessgericht des ersten Rechtszuges. Damit ist die örtliche und sachliche Zuständigkeit geregelt, sofern es sich um einen gerichtlichen Titel handelt, d.h. insbesondere dann, wenn sich die Handlungsverpflichtung aus einem Urteil oder einem Prozessvergleich ergibt. Die Zuständigkeit ist nach § 802 ZPO ausschließlich. Der Grund dieser Zuständigkeitszuweisung liegt in der Vorbefassung und damit der besonderen Sachnähe. Gerade bei zeitnahen Vollstreckungen kann sich die Aktenkenntnis positiv auf die Entscheidungszeit auswirken.
Rz. 19
Ist der Rechtsstreit vom originären oder vom obligatorischen Einzelrichter nach §§ 348, 348a ZPO entschieden worden, so ist auch dieser für die Entscheidung über den Vollstreckungsantrag zuständig. Hat im Ausgangsverfahren dagegen die Kammer entschieden, so ist diese auch für das Vollstreckungsverfahren zuständig. Im Vollstreckungsverfahren ist danach einerseits eine Übertragung auf den Einzelrichter als auch andererseits auf die Kammer nicht mehr zulässig.
Rz. 20
Tipp
Zeigen sich hier Mängel, kann der Schuldner dies – auch noch im Beschwerdeverfahren – rügen und so die Zwangsvollstreckung erheblich verzögern, weil in diesem Fall die Ausgangsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden muss. Für den Gläubiger empfiehlt es sich also, diese Fragen im Auge zu behalten und erforderlichenfalls das Gericht auf die richtige Zuständigkeit hinzuweisen.
Rz. 21
Ist der Titel in einer Familienstreitsache oder im arbeitsgerichtlichen Verfahren erlassen worden, so ergibt sich aus dem Vorstehenden zugleich die Zuständigkeit des Familien- bzw. Arbeitsgerichtes auch für die Entscheidung über den Vollstreckungsantrag nach § 887 ZPO. Das FamFG hat an der Zuständigkeit nichts geändert, da nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG die §§ 887 ff. ZPO auf die Vollstreckung von Ansprüchen auf die Vornahme vertretbarer und unvertretbarer Handlungen entsprechend anwendbar sind.
Rz. 22
Hinweis
Anderes gilt allerdings für Anordnungen nach § 35 FamFG, die mit den dort genannten Mitteln des Zwangsgeldes und der Zwangshaft durchzusetzen sind und hilfsweise auf die §§ 887 ff. ZPO verweisen (§ 35 Abs. 4 FamFG).
Rz. 23
Ist die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung in einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, enthalten, so ist für die Vollstreckung nach § 887 ZPO das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat, § 797 Abs. 3, 6 ZPO.
Rz. 24
Wird aus einem Anwaltsvergleich (§§ 796a, 796b ZPO), aus einem Schiedsspruch oder Schiedsvergleich (§§ 1053, 1054, 1060, 1061, 1064 ZPO) oder einem ausländischen Urteil (§§ 722, 723 ZPO) die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung vollstreckt, so ist das Gericht als Prozessgericht des ersten Rechtszuges zuständig, welches die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit getroffen hat.