Dr. iur. Karl-Peter Pühler
Rz. 57
Wenn der Arbeitgeber bei gestelltem Weiterbeschäftigungsantrag oder nach entsprechendem Obsiegen des Arbeitnehmers anbietet, diesen vorläufig bis Verfahrensabschluss weiterbeschäftigen zu wollen und der Arbeitnehmer dies ablehnt, ist fraglich, ob ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs i.S.d. § 615 S. 2 BGB, § 11 KSchG vorliegt. Nach der Rspr. des BAG handelt ein Arbeitnehmer böswillig, wenn er trotz zumutbarer Arbeitsmöglichkeit untätig bleibt. Eine Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich. Böswilliges Verhalten liegt daher vor, wenn der Arbeitnehmer einerseits eine Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen verlangt, andererseits ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers ablehnt. Die Tatsache, dass "nur" ein Prozessarbeitsverhältnis, nicht aber Erfüllung des bisherigen Arbeitsverhältnisses angeboten werde, steht dem nicht entgegen. Anders ist nur dann zu entscheiden, wenn wegen gegebener Kündigungsumstände eine Unzumutbarkeit im Rechtssinne vorliegt, wobei der Arbeitnehmer, der einen WBA geltend gemacht hat, die mangelnde Zumutbarkeit der Beschäftigung konkret darlegen und ggf. beweisen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber an einer außerordentlichen Kündigung festhält und damit zum Ausdruck bringt, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für ihn unzumutbar.
Rz. 58
Nimmt der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot des Arbeitgebers an, stellt sich die weitere Frage, ob eine schriftliche Abrede gem. § 14 Abs. 4 TzBfG zu treffen ist, um der gesetzlichen Sanktion des § 16 S. 1 TzBfG – Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses – zu entgehen. Dies wird vom BAG bejaht. Das BAG stellt insoweit fest, dass die Vorschriften des TzBfG auch für eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über eine befristete Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines Kündigungsrechtsstreits Anwendung finden. Da das LAG die Erklärungen der Parteien revisionsfest als originäre vertragliche Vereinbarung über eine befristete Beschäftigung des Klägers bis zum Abschluss des Kündigungsrechtsstreits ausgelegt hatte, war das BAG an diese Tatsachenfeststellung gebunden. Von daher ist es konsequent, zu einer Feststellung i.S.d. BAG zu gelangen. Dies hat zur Folge, dass eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf. Wird die Schriftform nicht beachtet, dann ist die Befristung rechtsunwirksam und der Arbeitsvertrag gilt nach § 16 S. 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen mit der weiteren Folge, dass zu seiner Beendigung eine (neue) Kündigung ausgesprochen werden muss.
Rz. 59
Da die Parteien ohnehin ausdrücklich regeln sollten, dass eine Beschäftigung nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung/Reduzierung des Annahmeverzugsrisikos erfolgt, ist es geboten, entsprechende schriftliche Vereinbarungen zu treffen. Hierbei reicht es nach den Grundsätzen, die zum TzBfG gelten, aus, dass die Befristung als solche formwirksam gestaltet ist. Es ist nicht erforderlich, Einzelheiten des Prozessarbeitsverhältnisses im Übrigen schriftlich zu fixieren, wenngleich sich dies aus praktischen Gründen ebenfalls anbieten dürfte. Bei der Formulierung sind vorsorglich die erhöhten Anforderungen der §§ 305 ff. BGB, insbesondere § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu berücksichtigen.
Rz. 60
Formulierungsbeispiel
1. |
Die Parteien vereinbaren, dass Herr/Frau (…) vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim ArbG (…) anhängigen Verfahrens mit dem Az. (…) wegen der Kündigung/Kündigungen vom (…) zu unveränderten Bedingungen/zu folgenden Bedingungen (…) als (…) weiterbeschäftigt wird. |
2. |
Das Arbeitsverhältnis ist auflösend bedingt durch den rechtskräftigen Abschluss des in Ziff. 1 genannten Verfahrens. Das Arbeitsverhältnis endet zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf. |
Rz. 61
Alternativ zum Vertrag ohne gerichtliche Mitwirkung bietet sich unter Verweis auf § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG auch der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs an.
Rz. 62
Auf Weiterbeschäftigungsverhältnisse nach § 102 Abs. 5 BetrVG, § 79 Abs. 2 BPersVG ist die Rspr. des BAG nicht anzuwenden, da es sich bei dem WBA nach § 102 Abs. 5 BetrVG, § 79 Abs. 2 BPersVG um einen von Gesetzes wegen auflösend bedingten und damit zulässigen Befristungsgrund gem. §§ 21, 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG handelt.
Rz. 63
Praxishinweis
Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung – dieser Zweck sollte zur Vermeidung von Missverständnissen deutlich und nach Möglichkeit schriftlich dokumentiert werden – beschäftigt, schließt er nach der Rechtsprechung des BAG keinen Arbeitsvertrag. Dies würde in Konsequenz der Entscheidung des BAG vom 24.9.2003 an sich eine schriftliche Vereinbarung entbehrlich machen. Eine entsprechende Entscheidung des BAG zu dieser Weiterbeschäftigungsvariante liegt aber bisher nicht vor. Jedenfalls aus Gründen rechtlicher Vorsorge sollte deshalb dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG Rechnun...