I. Eigentumserwerb
Rz. 58
Die Zuschlagserteilung, §§ 89, 90 ZVG, ist ein konstitutiv wirkender Staatshoheitsakt, der Eigentum nicht überträgt, sondern frei von nicht ausdrücklich bestehen bleibenden Rechten begründet. Der Ersteher erwirbt Eigentum originär, nicht als Rechtsnachfolger des Schuldners.
Rz. 59
Allerdings kann ein nicht mit dem gesetzlich gebotenen oder mit unzulässigem Inhalt begründetes Eigentum weder gutgläubig noch durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben werden. Wird nach der Zwangsversteigerung eines Grundstücks der Zuschlagsbeschluss im Beschwerdeweg rechtskräftig aufgehoben und der Zuschlag zugleich einem anderen erteilt, verliert der ursprüngliche Ersteher das Eigentum an den Schuldner rückwirkend zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses; der neue Ersteher wird mit dem Wirksamwerden der Zuschlagserteilung an ihn Eigentümer. Von diesem Zeitpunkt an besteht zwischen dem ursprünglichen Ersteher, der das Grundstück weiterhin benutzt, und dem neuen Ersteher nach Auffassung des BGH ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Der neue Ersteher hat einen Anspruch auf Nutzungsherausgabe nach § 987 BGB ab dem Zeitpunkt, in welchem dem ursprünglichen Ersteher die im Beschwerdeweg ergangene Zuschlagsentscheidung zugestellt worden ist; bis dahin haftet der ursprüngliche Ersteher nach § 988 BGB.
II. Grunderwerbsteuer
Rz. 60
Nicht der Zuschlagsbeschluss, sondern bereits die Abgabe des Meistgebots löst die Grunderwerbssteuerpflicht aus. Die Höhe bemisst sich nach dem Meistgebot einschließlich der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte. Beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung ist das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern. Bei der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot werden Verpflichtungen, zu denen sich der Zessionar dem Meistbietenden gegenüber verpflichtet, hinzugerechnet. Wird der Zuschlag einem Gläubiger erteilt, der selbst ein Grundpfandrecht an dem Grundstück hat, wird als grunderwerbsteuerpflichtiges Meistgebot der Betrag errechnet, mit dem der Ersteher aufgrund der Befriedigungsfiktion nach § 114a ZVG als befriedigt gilt. Trotz Kritik hat das BVerfG diese Bestimmung für verfassungskonform gehalten.
Rz. 61
Grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei (siehe dazu Rdn 70 ff.). Bei Verzicht auf diese Steuerfreiheit stellt der Eigentumsübergang in der Zwangsversteigerung umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung des Schuldners unmittelbar an den Ersteher dar, aber keine Lieferung an das jeweilige Bundesland.
III. Öffentliche Abgaben
Rz. 62
Von dem Zuschlag an trägt der Ersteher die Lasten des Grundbesitzes. Hierzu gehören auch öffentliche Lasten bzw. Abgaben. Der Ersteher haftet insbesondere für die Grundsteuern, die auf die Zeit ab Zuschlag bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres entfallen. Der Ersteher eines Grundstücks ist nicht nach § 91 Abs. 1 ZVG vor einer Beitragsforderung geschützt, wenn die Beitragspflicht erst nach dem Wirksamwerden des Zuschlags entsteht. Die Gemeinde kann die Haftung durch Duldungsbescheid geltend machen.
Rz. 63
Hat der Grundstückseigentümer mit einem Versorgungsunternehmen für Gas und Wasser einen Anschlussvertrag geschlossen und ist der Anschluss hergestellt, richtet sich die Forderung des Versorgungsunternehmens wegen der Anschlusskosten ohne besondere Vereinbarung allerdings nicht gegen den Ersteher des Grundstücks, wenn dieser Versorgungsleistungen über den Anschluss erstmals nach der Zuschlagserteilung in Anspruch nimmt.
Rz. 64
Der Ersteher haftet auch nicht dinglich für einen vor dem Zuschlag entstandenen Anspruch der Gemeinde auf höhere Grundsteuern, den die Gemeinde zum Versteigerungstermin nicht angemeldet hat und ...