Rz. 10
Zwar nicht direkt auf Antrag, aber wenn der bestrangig betreibende Gläubiger sein Verfahren unmittelbar vor der Zuschlagsverkündung einstweilen einstellt, § 30 ZVG, ist hierüber durch Zuschlagsversagung zu entscheiden, § 33 ZVG.
Rz. 11
I.Ü. kann der Zuschlag auf Antrag wegen Nichterreichens der 7/10-Grenze versagt werden, § 74a Abs. 1 ZVG. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller mit seinem Anspruch zwischen 5/10 und 7/10 des Verkehrswerts liegt und bei einem Gebot bis zu 70 % des Verkehrswerts eine vollständige oder zumindest höhere Zuteilung als vorher erhalten hätte. Den Antrag kann jeder Beteiligte stellen, auch der betreibende Gläubiger. Auch der Schuldner ist antragsberechtigt, wenn er Gläubiger einer Eigentümergrundschuld ist.
Rz. 12
Hinweis
Auch dieser Antrag folgt dem Grundsatz der Einmaligkeit, er kann nur im ersten Versteigerungstermin gestellt werden, § 74a Abs. 4 ZVG.
Rz. 13
Derjenige Gläubiger, der den Antrag gestellt hat, kann ihn auch in dem besonderen Verkündungstermin noch zurücknehmen. Er hat damit ein taktisches Mittel in der Hand, um unter Umständen außerhalb des Verfahrens eine Zuzahlung zu dem abgegebenen baren Meistgebot zu erreichen. Einige Literaturstimmen sehen hierin eine Umgehung der Grunderwerbssteuerpflicht und ein Vorenthalten entsprechender Kostenbeträge von dem Mehrbetrag für den Fiskus; weiter könne sich das Verhalten des Gläubigers schädigend zulasten des Schuldners oder zwischenberechtigter Dritter auswirken und derartige Absprachen können als sittenwidrig und somit unwirksam eingestuft werden. Dieser Ansicht hat sich auch der BGH angeschlossen. Außerhalb des Versteigerungsverfahrens vereinbarte Zuzahlungen des Meistbietenden an den betreibenden Gläubiger, die diesen dazu veranlassen sollen, einen Einstellungsantrag zurückzunehmen oder nicht zu stellen, verletzen die Rechte des Schuldners und führen zu einer Versagung des Zuschlags. Es ist ermessensfehlerhaft, wenn das Vollstreckungsgericht von einer Entscheidung über den Zuschlag im Versteigerungstermin nur deshalb absieht, weil der betreibende Gläubiger Gelegenheit erhalten möchte, mit dem Meistbietenden über eine solche Zuzahlung zu verhandeln.
Rz. 14
Der Verfasser vermag der generellen Aussage des BGH in dieser Form nicht zuzustimmen. Entzieht der Meistbietende dem Fiskus Steuern und Kostenbeträge, ist er zur Nachzahlung verpflichtet, strafrechtliche Aspekte bleiben zu prüfen. Hierfür ist aber das Vollstreckungsgericht nicht verantwortlich. Eine höhere Zahlung kann im Übrigen niemals zulasten des Schuldners gehen, da er insoweit von weiteren Zahlungsverpflichtungen befreit wird (jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass der Berechtigte den weiteren Zahlbetrag dem Schuldner nicht gutschreibt). Zwischenberechtigte Dritte müssen selbst einen Antrag nach § 74a Abs. 1 ZVG stellen und haben damit dieselben Möglichkeiten wie jeder weitere Antragsberechtigte. Auch wird die Aufklärungs- und Hinweispflicht überspannt, wollte man das Vollstreckungsgericht hierfür verantwortlich machen, wenn Beteiligte außerhalb jeder Kenntnis des Gerichts privatrechtliche Absprachen treffen, die sich dann als unwirksam oder nichtig herausstellen.
Rz. 15
Ein Gläubiger handelt i.Ü. nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er im Versteigerungstermin zunächst ein nicht zuschlagfähiges Gebot abgibt und dann nach Schluss der Versteigerung Versagung des Zuschlags nach § 74a Abs. 1 ZVG beantragt, auch wenn dies auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint.
Rz. 16
Hinweis
Der Antrag auf Zuschlagsversagung kann nur im Versteigerungstermin selbst gestellt werden und erfordert somit unbedingt die Anwesenheit des Gläubigers. Der Antrag kann bis zur Zuschlagserteilung zurückgenommen werden, d.h. auch in einem besonderen Verkündungstermin, § 87 ZVG.