Dr. iur. Wolfram Viefhues
I. Entscheidung in Folgesachen
Rz. 62
Enthält der Scheidungsbeschluss noch weitere Entscheidungen, über die zusammen mit der Scheidung im Verbund entschieden worden ist, werden diese Entscheidungen ebenfalls zugestellt. Die Zustellung löst auch hier die Rechtsmittelfrist aus für die mögliche Anfechtung mit der Beschwerde.
II. Wertfestsetzungen zu den Folgesachen
Rz. 63
Die Wertfestsetzung zu den Folgesachen regelt § 44 FamGKG. Es wird ein einheitlicher Wert für das gesamte Verbundverfahren festgesetzt.
Rz. 64
Für jede Kindschaftssache erhöht sich der nach § 43 FamGKG ermittelte Verfahrenswert um 20 %, höchstens um 4.000 EUR. Ist der Verfahrenswert der Ehescheidung vom gemäß § 43 FamGKG auf den Mindestwert von 3.000 EUR festgesetzt worden, beträgt der Wert eines Sorgerechtsverfahrens 600 EUR. Auch wenn mehrere Kinder betroffen sind, wird dieser Verfahrenswert nur einmal festgesetzt.
Rz. 65
Wenn dieser Betrag, um den sich der Verfahrenswert der Ehesache erhöht, nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Betrag berücksichtigen.
III. Kostenentscheidung im Verbundverfahren
Rz. 66
Die Kostenentscheidung in Scheidungsverbundverfahren richtet sich nach § 150 FamFG. Danach sind die Kosten regelmäßig gegeneinander aufzuheben. Jedoch kann insbesondere im Hinblick auf den Erfolg oder das Unterliegen in einer Folgesache auch eine abweichende Kostenentscheidung ergehen (§ 150 Abs. 4 FamFG).
Rz. 67
Praxistipp:
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Die Kostenentscheidung in einer Ehesache ist grundsätzlich nur mit der Hauptsache, aber nicht isoliert anfechtbar (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 99 Abs. 1 ZPO) |
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Soweit eine Kostenentscheidung in einer Ehesache auf einer teilweisen Antragsrücknahme – Rücknahme eines Antrags in einer Folgesache – beruht, ist die Kostenentscheidung jedoch isoliert anfechtbar, auch wenn es sich bei der zurückgenommenen Folgesache um eine Familienstreitsache (wie hier Güterrecht, § 112 Nr. 2 FamFG) handelt. Statthaftes Rechtsmittel ist dann gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 269 Abs. 5 S. 1 ZPO die sofortige Beschwerde nach §§ 567 bis 572 ZPO. |
IV. Rechtsmittel gegen Verbundentscheidungen
Rz. 68
Praxistipp:
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Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird (§ 64 Abs. 1 FamFG), also beim Familiengericht als sog. Ausgangsgericht. |
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Weitere besondere Vorschriften für die Rechtsmittel in Ehe- und Familienstreitsachen finden sich in ebenfalls in § 117 FamFG (zu Rechtmitteln allgemein siehe § 24 Rdn 1 ff.). |
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Danach muss eine Beschwerdebegründung beim Beschwerdegericht eingereicht werden (§ 117 Abs. 1 S. 2 FamFG). |
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Die Beschwerdebegründungsfrist beträgt 2 Monate, beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses (§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG) und kann verlängert werden (§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO). |
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Jedoch ist eine Verlängerung der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels durch den Vorsitzenden des Rechtsmittelgerichts ist nicht wirksam, wenn im Zeitpunkt des Eingangs des Verlängerungsantrags die Frist zur Rechtsmittelbegründung bereits abgelaufen war. |
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Ehegatten müssen sich auch bei der Einlegung einer isolierten Beschwerde in einer Folgesache der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. |
Rz. 69
BGH v. 25.1.2017 – XII ZB 504/15
Zitat
1. Der Lauf der Beschwerdefrist in einer Familienstreitsache setzt voraus, dass die Entscheidung ordnungsgemäß verkündet worden ist, was nur durch ein vom Richter unterzeichnetes Verkündungsprotokoll nachgewiesen werden kann (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 13.6.2012 – XII ZB 592/11, FamRZ 2012, 1287).
2. Die Unterschrift unter dem Protokoll muss einen individuellen Charakter aufweisen und einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglichen, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen. Die Unterschrift muss zwar nicht unbedingt lesbar sein, mindestens einzelne Buchstaben müssen aber – wenn auch nur andeutungsweise – zu erkennen sein (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19.10.2011 – XII ZB 250/11, FamRZ 2012, 106).
3. Hat der Beschwerdeführer die Begründung seines Rechtsmittels in einer Familienstreitsache irrtümlich beim Amtsgericht eingereicht, ist dieses lediglich gehalten, die Begründungsschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Auch wenn sich die Verfahrensakte noch beim Amtsgericht befindet, muss dieses nicht prüfen, ob die Weiterleitung besonders eilbedürftig ist. Es ist auch nicht gehalten, den Rechtsmittelführer telefonisch darauf hinzuweisen, dass er das Rechtsmittel beim falschen Gericht eingelegt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 27.7.2016 – XII ZB 203/15, FamRZ 2016, 1762).