Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
I. Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 25
Der Arbeitgeber muss, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen (§ 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG). Für den Schwellenwert von 15 Arbeitnehmern werden Personen in Berufsbildung nicht mitgezählt. Teilzeitbeschäftigte werden jedoch, da der Schwellenwert nur auf "Arbeitnehmer" abstellt, voll mitgezählt. § 15 Abs. 7 Nr. 1 BEEG knüpft an den "Arbeitgeber" an. Entscheidend ist somit die Anzahl der Arbeitnehmer im Unternehmen, nicht dagegen diejenige im Betrieb. Der Arbeitnehmer hat daher keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn er zwar in einem Gemeinschaftsbetrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt ist, sein Vertragsarbeitgeber allerdings nicht diese Mindestbeschäftigtenzahl erreicht.
Rz. 26
Die Wartezeit von sechs Monaten nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 BEEG stellt analog der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes auf den Zugang des Teilzeitbegehrens ("Antrag") ab. Es reicht also nicht aus, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Willen des Arbeitnehmers die Vertragsänderung in Kraft treten soll, dieser sechs Monate in einem Arbeitsverhältnis steht.
Rz. 27
Ein Anspruch auf Verringerung besteht nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 BEEG nur dann, wenn die Verringerung für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt erfolgen soll. Ein Anspruch auf Beschäftigung in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis besteht nicht. Die Sollvorschrift bezieht sich nicht auf den Arbeitszeitrahmen, sondern auf den Mindestzeitraum von zwei Monaten.
Rz. 28
Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, soweit sie darüber keine Einigung nach § 15 Abs. 5 S. 2 BEEG erzielen, unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG eine Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit verlangen, sofern dem Anspruch nicht dringende betriebliche Gründe nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG entgegenstehen. Nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG setzt der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit das Fehlen entgegenstehender "dringender betrieblicher Gründe" voraus. An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Dies drückt das Erfordernis "dringender" Gründe (anders als bei § 8 TzBfG) aus. Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich als zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit darstellen. Entscheidend für das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe ist der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnungserklärung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer.
Rz. 29
Geht es um die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes oder die Unvereinbarkeit der gewünschten Teilzeitarbeit mit den betrieblichen Arbeitszeitmodellen, ist das Prüfungsschema anzuwenden, das das BAG für die betrieblichen Ablehnungsgründe i.S.v. § 8 TzBfG entwickelt hat. Das ergibt sich aus der vergleichbaren Interessenlage.
Rz. 30
Das betriebliche Organisationskonzept und daraus abgeleitete Arbeitszeitregelungen sind dagegen regelmäßig bedeutungslos, wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft, er habe für den Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit. Der Verringerungswunsch muss dann nicht mit den betrieblichen Abläufen in Einklang gebracht werden. Gegenüberzustellen sind die vorübergehende Beschäftigung des Arbeitnehmers in Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit und das vollständige Ruhen der Arbeitspflicht bis zum Ende der Elternzeit. Die Elternteilzeit lässt die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers während der Elternzeit mit der verringerten Arbeitszeit wiederaufleben. Nur dieser Beschäftigungspflicht können dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Trifft die Behauptung des Arbeitgebers zu, es bestehe kein Beschäftigungsbedarf, kann der Verringerungsanspruch des Arbeitnehmers berechtigt abgelehnt werden. Entfällt die bisherige Aufgabe und wird zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags keine i.S.d. Arbeitsvertrags i.V.m. § 106 S. 1 GewO gleichwertige Arbeitsstelle absehbar frei, die eine Beschäftigung des Arbeitnehmers mit einer reduzierten Arbeitszeit von 30 Wochenstunden ermöglicht, liegen dringende betriebliche Gründe vor.
Rz. 31
Im Prozess kann der Arbeitgeber lediglich die betrieblichen Gründe vortragen, die er dem Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 7 S. 4 BEEG mitgeteilt hat. Der Arbeitgeber ist mit anderen Gründen im gerichtlichen Verfahren präkludiert.
Rz. 32
Ein dringender betrieblicher Grund liegt regelmäßig vor, wenn ein Arbeitnehmer zunächst Elternzeit unter völliger Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, der Arbeitgeber eine Vertretung befristet eingestellt hat und weder diese noch die übrigen vergleichbaren Arbeitnehmer bereit sind, ihre Arbeitszeit zu verringern. Andernfalls wäre der Arbeitgeber gezwungen, den Arbeitnehmer in Elternzeit mi...